1944 bestellt, 1947 in Schweden erbaut, 1948 von der
Svenska Amerika Linjen als STOCKHOLM (IV) übernommen und 1956 in
eine Havarie mit der ANDREA DORIA involviert, die dem Schiff den
Ruf einer unverwüstlichen Schiffslegende einbrachte. 1960 kaufte
die DSR das Schiff, um mit der nunmehrigen VÖLKERFREUNDSCHAFT
dem DDR-Volk im Rahmen der Gewerkschaften günstige Seereisen
bieten zu können.
Das wurde für 25 Jahre durchgezogen, bis das
Schiff 1985 nach Norwegen verkauft wurde. Als NORGE und als
FRIDTJOF NANSEN nahm sie für vier Jahre ihre Bestimmung als
Wohnschiff und Asylantenheim klaglos hin. Dann interessierten
sich die Italiener plötzlich für ihren ehemaligen "Stich ins Herz" und
holten das Schiff nach Genua. Hier wurde sie als SORRENTO zur ITALIA I total
umgebaut, konnte diesen Status aber nicht beibehalten und wurde
als ITALIA PRIME in Fahrt gebracht, um später als VALTUR PRIME
und CARIBE bekannt zu werden. Dann wurde sie nach Griechenland
verholt und lief acht Jahre als geliebte ATHENA über die Meere.
Anschließend war sie für Portugal als AZORES unterwegs. Von 2016
an wurde sie
als ASTORIA von der CMV für den englischen Kreuzfahrtmarkt in
Fahrt gebracht.
Doch 2020 brach die Covid19-Pandemie über
die Menschheit herein und zwang viele publikumwirksame
Unternehmen zur Aufgabe. Auch die ASTORIA fiel dem zum Opfer,
und sie wurde aufgelegt, erst in Tilbury, später im Waalhaven
Rotterdam. Dort wartete das Schiff auf seine Zukunft. Es gab
diverse Hinweise, vom Wiedereinsatz als PAX bis zum endgültigen
Abwracken.
Gent / Rotterdam, 24. Juni 2025 – Eine
Ära geht zu Ende: Die ASTORIA, eines der ältesten
Kreuzfahrtschiffe der Welt und früher bekannt als STOCKHOLM,
wird abgewrackt. Das traditionsreiche Schiff hat sich auf den
letzten Weg gemacht – zur Schiffsrecyclingwerft Galloo im Hafen
von Gent, wo sie fachgerecht abgewrackt wird. Ein
Abgang mit Würde – zumindest ökologisch betrachtet. Die maritime
Welt verliert mit der ASTORIA ein einzigartiges Stück
Geschichte. Von der goldenen Ära der Ozeandampfer bis zur
Neuzeit der Kreuzfahrt – kaum ein Schiff verkörpert die
wechselhafte Entwicklung der Passagierschifffahrt so sehr wie
dieses. Es geht nicht nur ein weiteres altes Kreuzfahrtschiff
verloren – es endet ein Kapitel voller Seefahrtsromantik,
Innovation, Dramen und Träume. Die Astoria war mehr als nur ein
Schiff – sie war ein schwimmendes Stück Geschichte.(i)
Das Schiff erreichte mit
77 Jahren
ein wahrhaft "biblisches" Alter!
Nach der DDR-Zeit erlebte das Schiff noch weitere 40 Jahre! Ein
Schiff mit drei langen Leben. RIP!
Für Rostock bleibt sie als
VÖLKERFREUNDSCHAFT mit der Eröffnung des Überseehafens und mit
dem Beginn der Kreuzschifffahrt in der heimischen Chronik ein
denkwürdiger maritimer Meilenstein.
FRITZ HECKERT
IMO 5121835
Der zusätzliche Bau dieses FDGB-Urlauberschiffs wurde von
Werftarbeitern der MTW Wismar im Juli 1958 in Berlin initiiert.
Das Schiff konnte dann zum überwiegenden Teil durch freiwillige
Arbeitsleistungen sowie aus Sach- und Geldspenden der
DDR-Bevölkerung finanziert werden. Am 1.10.1958 begann die
technische Planung, am 30.4.1959 erfolgte der Baubeginn, am
28.11.1959 die Kiellegung auf der Helling der MTW und am
25.6.1960 der Stapellauf mit der Taufe auf den Namen FRITZ
HECKERT. Am 1. Mai 1961 erfolgte die offizielle und feierliche
Übernahme durch die DSR und der Beginn der Jungfernfahrt.
Bereits im November 1967 erreichte das Schiff ein
deprimierendes Papier aus der Direktion Technik der DSR in
der Art von "technischer Zustand schlechter als dem
Schiffsalter entsprechend" mit Aufrechnungen von zu erwartenden
Kosten gegen das weitere Betreiben des Schiffs. 1968 wurde
sogar die Forderung erhoben, die Turbinenanlage
stillzulegen.
Zitat: Immer mehr
verdichtete sich die Erkenntnis, dass der weitere Einsatz
der FRITZ HECKERT volkswirtschaftlich nicht mehr zu
verantworten ist. Aber niemand war bereit, dafür den
Schwarzen Peter zu kassieren.
Aus (i),
S. 193, "Das Ende naht" So war das damals mit diesem von der DSR nie
geforderten Schiff, das auf eine Initiative von
Werftarbeitern der MTW und nachfolgenden Aktionen der
DDR-Bevölkerung hin entstand. Der FDGB wollte das Schiff,
bekam es auch und musste es später aber wegen der fehlenden
Reisefreiheit und dem hohen Unterhaltsaufkommen wieder
abgeben.
Das Reisebüro der DDR trennte sich kurzerhand auf kleinem
Dienstweg von diesem Teil seines "Außenhandelsmonopols".
Nicht die bis dahin durchaus funktionstüchtige Technik des
Schiffs, sondern deren aufwändiger Unterhalt und somit
ökonomischer Betrieb musste in Frage gestellt werden.
Nach der Rückkehr von der am 13.10.1970 begonnenen Reise
nach Leningrad blieb das Schiff zunächst bis zum 6.11.1970
am Passagierkai in Warnemünde liegen, um an dem Tag mit
Schlepperhilfe in den Stadthafen an den Liegeplatz 88
verholt zu werden. Einmal noch ging es im Dezember 1970 in
die Werft und im Januar wieder zurück in den Stadthafen
Rostock, bevor die amtliche Stilllegung mit Wirkung des
1.1.1971 bekannt wurde.
Hier nun wurde das Schiff von der Betriebsberufsschule
der DSR zunächst als Wohnheim für Lehrlinge und Studenten
sowie als Ausbildungsstätte genutzt.
Am 6.7.1971 wurde das Schiff in den Werfthafen der MTW
Wismar verholt und war so aus dem Blickfeld von Neugierigen
genommen worden. Über Arbeiten am Schiff ist nichts bekannt.
Wohl am 30.6.1972 wurde das Schiff nach Stralsund
geschleppt, wo es dann fast zwei Jahrzehnte lang zum
Stadtbild gehörte, zunächst als Wohnschiff für junge
Arbeiter der Volkswerft.
1978 überlegte man, das Schiff nach Äthiopien zu
verbringen, um es dort als Wohnschiff für Entwicklungshelfer
einzusetzen. Dies kam nicht zur Umsetzung.
Ab 1982 wurden Bauarbeiter des Fährhafens Mukran auf dem
Schiff untergebracht.
Ab 1986 wurden Bauarbeiter des KKW Greifswald auf dem
Schiff untergebracht.
Anfang 1991 wurde das Schiff für 1 Mio DM verkauft und
in Stettin zur Verschleppung in den Persischen Golf
vorbereitet. Es diente dann in Dubai unter dem Namen GULF
FANTASY wiederum als Wohnschiff.
Am 4.3.1999 traf das Schiff in Indien zum Abbruch ein,
was in Europa weitgehend unbemerkt ablief.
Das Schiff wurde mit
38 Jahren
beachtlich alt.
F. FREILIGRATH
IMO 5285289
In der Mitte der 1960er Jahre stieg das Ladungs- und
Passagieraufkommen zwischen der DDR, Westeuropa und Kuba/Mexiko
stark an, sodass sich die DSR entschloss, einen speziellen
Fracht- und Passagierschiffsdienst auf dieser Linie
einzurichten.
Ein geeignetes Schiff fand sich, als die niederländische
Reederei Oranje Lijn, Rotterdam, Nederlande, ihr am 14.9.1953 in
Dienst gestelltes Fracht- und Passagierschiff, MS PRINS WILLEM
VON ORANJE, zum Verkauf stellte. Das auf der Schiffswerft N.V.
Boele's Scheepwerven en Maschinefabrik Bolnes, Rotterdam,
Holland, gebaute Kombischiff wurde besichtigt und für geeignet
befunden. Die DSR bezahlte als Kaufpreis 490.000 £.
Die Holländer hatten das Schiff im Liniendienst zwischen
Rotterdam und Indonesien, also ihrem einstigen Kolonialbesitz,
betrieben.
Als PRINS WILLEM VAN ORANJE am 14.9.1953 an Maatschappij
Zeetransport NV (Oranje Lijn), Mgrs. Antony Veder & Co.
1959 an Oranje Lijn BV, Rotterdam.
23.1.1965 als F. FREILIGRATH an Deutsche Seereederei
Rostock mit stets abgekürztem Namen an der Bordwand.
6.11.1973 außer DSR-Dienst. Als FREIJO an Imperator
Enterprises Inc. Famagusta (CYP), Mgrs. Johannsen (NOR).
1974 als UNIVERSAL HONOLULU an Universal Honolulu Shp.
Co. (PAN), Mgrs. Timber Shp. Agency Pte. Ltd. Singapur.
1976 in AUGUST 8TH umbenannt.
Vom 1.10.1977 bis 5.4.1979 Auflieger Singapur Reede.
Namensänderung in NIKOLAS, jedoch nicht mehr an der
Bordwand erschienen.
April 1979 im Schlepp nach Kaohsiung/Taiwan zum Abbruch
ab Mai 1979, was ebenfalls in Europa kaum wahrgenomen wurde.
Das Schiff kam mit
26 Jahren
ins nominative Alter!
ARKONA
IMO 8000214
Bereits längere Zeit vor der Außerdienststellung des MS "Völkerfreundschaft"
kam die Frage auf, wie es mit den Urlauberschiffen weitergehen
sollte. Im Geheimen wurde der Markt nach speziellen Kriterien
(Technik, Betriebskosten, Niveau für westliche Vercharterungen,
Größe des Schiffes für den Heimathafen Rostock) sondiert. So
fiel die Wahl auf die ASTOR (1), ehemaliges "Traumschiff" des
ZDF, deren Ankauf recht spektakulär ablief. Denn damals wollte
man keine direkten Geschäfte mit der südafrikanischen SAFMARINE
abwickeln. Also wurde von Schiffscommerz ein Hamburger
Schiffsmakler und von dem wiederum die DAL (Deutsche
Afrika-Linie) zum noch immer geheimzuhaltenden Geschäft
hinzugezogen. Erst nachdem den Südafrikanern günstig der Neubau
der größeren und schnelleren ASTOR (2, IMO 8506373) angeboten
wurde, konnte der Ankauf der ASTOR (1) erfolgen.
(i)
Für die HADAG (Hafendampfschiffahrts-Actien-Gesellschaft Hamburg,
seit 1969 HADAG Seetouristik und Fährdienst AG, Hamburg) mit
"aufstrebenden Plänen" konzipiert.
29.02.1980 Baubeginn bei HDW Hamburg, 20.05. Kiellegung, 16.12.
Aufschwimmen
24.11.1981 Probefahrt, 14.12.1981 Jungfernfahrt ins Mittelmeer als
erste ASTOR
Der Name kam durch die an der Vermarktung beteiligte
Zigarettenfirma REEMTSMA zustande.
Doch durchschnittlich knapp 60% Auslastung reichten nicht. 1983
wurde die ASTOR verkauft.
1983-1984 diente diese ASTOR als Kulisse und Drehort für die
zweite Staffel der ZDF-Fernsehserie "Das Traumschiff".
Am 07.02.1984 erfolgte die Übergabe an die SAFMARINE, die dennoch
Millionenverluste bei der HADAG hinterließ.
Für die beabsichtigte Linie Großbritanien - Kapstadt wurde das
Schiff in der Bauwerft auf die Kapazität von 530 Passagieren
umgebaut. Das führte jedoch auch nicht zum kommerziellen Erfolg.
Also wurde ein Verkauf der ASTOR erwogen.
So kam 1985 der oben beschriebene Transfer SAFMARINE - DAL - DSR
zustande. Aber auch die Kommerzielle Koordinierung (AG BKK) des MfS
spielte wohl eine Rolle.
Indienststellung DSR 28.08.1985 als ARKONA
Das MS ARKONA war geeignet für die Beförderung von Passagieren als
Urlauberschiff des FDGB und für Vercharterungen an Reiseunternehmen.
1990 ging der Feriendienst der Gewerkschaften im vierten Quartal
pleite. Er hatte die ARKONA eigentlich bis Mitte 1991 unter Vertrag,
die daraufhin zeitweilig auflag. Leistungen der DSR in Millionenhöhe
wurden nicht mehr beglichen.
1991 als ARKONA in Vollcharter für "Seetours",
Frankfurt/Main
1991 wurde auch das Kreuzfahrtschiff ARKONA zum Drehort der ersten
Folge der Serie "Luv un Lee" des damals noch DDR-Fernsehens.
1994 an DSR, 1. Passagierschiffahrts GmbH, Rostock, KR Deutsche
Seetouristik GmbH
02.12.1994, Verlängerung des Chartervertrags mit
"Seetours" bis 2000
ab 12/1995 mit dem Kranich im Schornstein als neues
Reedereizeichen
18.12.1997, als ARKONA an Ariane Shipping Co. Ltd., Monrovia,
Liberia, Mgrs. wie zuvor
20.02.2002, als ASTORIA an ASTORIA Shipping Ltd., Nassau, Bahamas,
Mgrs. PASSAT Ltd.
...
Februar 2010, als SAGA PEARL II an Saga Cruises, Folkestone, GBR
Die "Saga Pearl II" am 7.8.2010 zur Hanse Sail am Passagierkai
Warnemünde:
Mai 2012, als QUEST FOR ADVENTURE für Spirit of Adventure Cruises
(Saga Cruises), GBR
Ende 2013, wieder als SAGA PEARL II für Saga Cruises, Folkestone,
UK
...
Seit 1. April 2019 als PEARL II benannt, stellte Saga Cruises das
Schiff in Portsmouth außer Dienst. Am 2. Mai 2019 wurde sie in
Piraeus (GRC) abgelichtet, jedoch menschenleer:
Neuer Eigner und Manager
war vermutlich eine AQUA EXPLORER HOLDINGS LTD - etwa Umbau zum
Casinoschiff?
Seit Oktober 2019 im Register als "aufgelegt" vermeldet.
Juli 2020: Die "Pearl
II" sollte auf der Koros Werft, Ambelakia, Salamis, zu einer
privaten Luxus-Yacht umgebaut werden.
Juli 2022, Meldung beim Vesseltracker:
Ehemalige Astor auf dem Weg zu abbrechern in Aliaga
Das Schiff wurde mit
37 Jahren
fast doppelt so alt wie normal. RIP!
Wir verfolgten das Geschehen um dieses Schiff fast "minutiös",
konnten den Abbruch jedoch nicht verhindern. Das bedeutet nur,
dass es nun ein gemütliches Kreuzfahrtschiff weniger auf der
Welt gibt. Die Luft wird frei für Mega-PAXes für tausende
Passagiere, deren Sinn sich mir einfach nicht ergibt. Beim
Besuch der Karl-May-Spiele am Kalkberg in Bad Segeberg stellte
ich mir beim Anblick der vielen Menschen (ca. 8.000) kurz die
Kapazität solcher Schiffe vor, mit allem Drum und Dran.
Unblaublich!
Idee und
Realisierung von ABa, webmaster@seeleute-rostock.de,
im Juli 2025
Quellen:.
'Kreuzfahrt zu DDR-Zeiten, Die Geschichte der "Völkerfreundschaft"',
Reiner Frank, NNN-Lokales, 14.5.2025;
"ship recycling", Email von
sylvie.sarlet@galloo.com, 18.8.2025;
Webseiten: Vier Beiträge auf
http://www.seeleute-rostock.de/?Urlauberschiffe
mit den dort genannten Quellenhinweisen sowie
TradeWinds.com, kreuzfahrttester.com und YouTube.
"Die Passagierschiffe der DSR, die Abschiede": Seeleute Rostock e.V.,
August 2025