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www.seeleute-rostock.de/content/sailorscab/stories/28/greyfoxwolfie.htm |
| SlR.sc28 [19.F4] |
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Wolfgang König, Berlin
"Grey Fox" Wolfie
Herbst 2016, Frachtschiffreise in der Trampfahrt
Europa - Golf von Mexiko - USA - Europa
Also, ich habe mich schon
wieder in unsere gute alte Fahrenszeit versetzt gefühlt. Beim
Einlaufen in die USA. Erst einmal wurden alle Flaggen durch
nigelnagelneue Tücher ersetzt, na gut. Aber dann kam die Immigration.
Das war so wie, als wir uns alle damals beim Auslaufen in der Messe
versammeln mussten. Wir nun also auch. Wir nahmen alle mit unserem
Pass/Seefahrtsbuch im Gang vor der O-Messe Aufstellung. Dann traten wir
einzeln ein, wo uns ein grimmig guckender Officer empfing. Ich glaube,
der hat mal im ÜSH in ROS gearbeitet. Jeder wurde peinlichst genau und
weiterhin grimmig angeschaut, der Name wurde verglichen und abgefragt,
er sagte ihn, und wir mussten ihn sagen. Mit mir kam er gar nicht klar.
Passenger, das verstand er noch, aber dann. ER: Why - business? ICH:
No, Sir, holiday. ER: What, holiday on a cargo ship - why? ICH: Why
not, Sir? ER: What do you do all day? ICH: Nothing, Sir, I see on the
ocean. - Dem Chief Mate stand der kalte Schweiß auf der Stirn. - Nach
langem Überlegen und intensivem Anschauen, und ich glaube, beim
Officer ein leichtes Kopfschütteln gesehen zu haben, bekam auch ich
meinen Stempel in meinen Pass. Mein Chief Mate konnte mich gar nicht
schnell genug aus der O-Messe raus kriegen. Und dabei bin ich doch nur
ein harmloser Passenger. Übrigens, diese Prozedur machen die auch,
wenn das Schiff mitten in der Nacht einläuft.
Wir sind in Houston angekommen. Wir liegen auf Reede vor Anker und
gehen morgen früh rein. Mit uns liegen hier 52 Schiffe, und davon sind
nur 3 keine Tanker. Fast der ganze Golf von Mexiko ist als Erdölfördergebiet
ausgegeben, wo man nur Zwangswege fahren darf. Morgen fahre ich --
Apollo 11, Houston, wir haben ein Problem -- zur NASA. Da freue ich
mich drauf. Die Reisedauer hat sich nun, typisch Tramper, um ca. 3
Wochen verlängert. England (Immingham, Liverpool, Bristol) + Irland.
Geplanter Einlauftermin in Bremen ist nun der 27.11. Also vielleicht
doch kein Weihnachts-Klönsnack. Ich komme jetzt in unseren ehemaligen
Bereich Südamerika-Fahrt. Dort waren wir auch so um die 3 Monate
unterwegs gewesen.
Nun hat es uns doch erwischt, Einlaufen mitten in der Nacht. Und das
Unheil nahm seinen Lauf. Festmachen 01:30 Uhr. Und alle versammelten
sich brav vor der O-Messe. Erst kam der Agent, der mir gleich für 9
Uhr ein Taxi zum Space Center bestellt hat. Und dann kam der
Immigration Officer. Wie der erste, ein Bulle von Mann, nur dieser ein
Weißer. Aber die müssen alle die gleiche Ausbildung gehabt haben,
grimmig bis zu den Schnürsenkeln. Als erstes jagte er uns, die es
gewagt hatten, um 3 Uhr Nachts auf den Stühlen zu sitzen, mit einer mürrischen
Handbewegung raus. Dann wieder - the same procedere as last time. Auch
er wunderte sich über den Passenger, der keinen Job hat. Er erklärte
mir, dass er wohl schon Passagiere hatte, aber die hätten alle einen
Job gehabt. Als ich ihm dann sagte, dass ich mal Seemann war, war seine
Welt wieder in Ordnung gewesen, und mein Landgangs Ticket stellte er
bis zum 6. Februar 2017 aus. Da sage noch einer, die Amis seien nicht
nett. - Pünktlich um 9 Uhr stand ich dann an der Reling, um mich mit
meinem bestellten Taxi ins Houston Space Center bringen zu lassen. Nach
30 Minuten begann meine 1. Unruhe. Also zum Alten. Der, er kümmert
sich. Nach 10 Minuten tauchte dann der Shuttle auf, der mich zum Gate
bringen sollte. Der Shuttle ist so eine Art Golf Caddie. Aber nach 40
Minuten meinem Ziel schon 500 m näher. Das Gate war eine kleine Hütte,
ähnlich der am Check Point Charly in Berlin. Da saß ich nun, mitten
auf einer staubigen Straße, an der in Minutenabständen riesige
amerikanische Trucks ihre Ladung rein oder raus brachten. So hatte ich
Zeit, die vielfältigsten und unterschiedlichsten Trucks einschließlich
ihrer Fahrer kennenzulernen. Nach 2 Stunden, als ich alles und alle
kannte, wieder call the Captain, nicht gerne, denn der hat bestimmt
anderes zu tun. Er kümmert sich. Nach 15 Minuten sah ich eine winkende
Frau, die unserer Decks Crew sehr ähnlich sah. Aber nur ich saß
mutterseelenallein mitten auf einer texanischen Landstraße rum. Ich
also hin und sie meinte mich wirklich. Sie und ihr Mann, der im Auto saß,
sind von der Seemannsmission. Und wie der Zufall es will, waren es
Landsleute vom Kapitän, also auch aus Myanmar. Die fuhren mich jetzt
endlich zum Space Center. Statt Geld zu nehmen, gaben sie mir ihre
Telefonnummer mit dem Hinweis, nur kein Taxi zu rufen, sie holen mich
auch wieder ab. Auch das artete aber zu einem kleinen Drama aus. Sie
wussten nicht, dass ich ein deutsches Handy habe, und ich habe
vergessen, dass sie ja ein amerikanisches haben. Als ich dann anrufen
wollte, ging gar nichts. Mir rannte die Zeit weg, die Fahrt dauert eine
Stunde, und ich war dem Verzweifeln nah. Nicht nur, weil das Taxi 67 $
gekostet hätte, nein, weit und breit war auch keines zu sehen. Endlich
kam ein Yellow Cab in Sicht. In dem Moment, als ich auf das Taxi
zuging, fiel es mir wie Schuppen aus den Haaren - Amerika, ich muss nur
eine 1 vor die Nummer nehmen. Hat doch in Norfolk so schön geklappt.
Einmal gewählt und alles war in Butter. Na gut, ich hatte eine Stunde
Zeit, gehst du nochmal auf Toilette, sicher ist sicher. Aber denkste.
In dem riesen Center, wo täglich Zigtausende kommen, gab's 2
Toiletten, und die waren beide kaputt. Sofort kam bei mir Panik auf. Du
kannst in Amerika nur mit Ausweis Maschinenpistolen, Revolver und
andere nützliche Dinge kaufen, aber wehe du pinkelst in deiner Not an
einen Baum ...... Aber alles ging gut. Also das Center ist schon eine
Wucht. Ich kenne ja auch das andere in Florida. Das in Houston ist das
Gehirn und die Entwicklung, und in Florida ist die Technik, die riesige
Halle, wo die Raketen zusammengebaut werden, Startrampen usw. Am
meisten beeindruckt hat mich das Flight Control Center. Die meisten
kennen es, entweder aus dem Film "Apollo 11" oder, wenn über
einen Start berichtet wurde. Es ist noch im originalen Zustand, so wie
es bei der Mondlandung zu sehen war und auch später noch. Wenn ich es
richtig verstanden habe, ist es seit der Mondlandung bis 1999 so
benutzt worden. Du sitzt in den Sesseln, wo die Familien saßen, als
Apollo 11 Probleme hatte, da kriegst du eine Gänsehaut. Hoffentlich
hat meine Kamera mitgespielt. So, die Kräne werden gerade abgelegt. Übermorgen
werden wir dann in New Orleans sein.
Ich war den ganzen Tag in New Orleans. Aber nicht allein, sondern mit 4
Crew Members. Allerdings wollten die zum Shoppen. Das kann man
verstehen, wenn man weiß, wie oft die in den 9 Monaten, die sie am Stück
an Bord sind, an Land kommen. Dadurch brauchte ich wieder kein Taxi. Es
kam ein Van, wo wir alle 5 reinpassten. Der Van gehörte Mr. Preston.
Mr. Preston ist Inder und nennt sich Sales Manager. Wenn man die Augen
schließt und ihm zuhört, und wie er redet und im Fahren Geschäfte
macht, denkt man, man ist in mitten Bombay. Kein Wunder, denn von dort
kommt Mr. Preston. Die anderen fuhr er zu einem großen Center, und
mich setzte er im French Quarter ab. Mit seiner Handynummer in der
Tasche ging es los. Das Viertel ist, der Name sagt es schon, total
französisch geprägt, wie auch der ganze Bundesstaat Louisiana. Die
Atmosphäre, die Freundlichkeit der Menschen, die Musik und natürlich
das Essen. Überall kleine Restaurants und Imbissstände, aber mit
hochwertigen kreolischen Speisen. Krebse, Shrimps, Katfisch, Chicken in
allen Varianten und vieles mehr. Natürlich gab es auch alles rund um
den Alligator, z. B. Alligatorfleisch, frisch und getrocknet, präparierte
Köpfe und Pfoten, halt alles, was man so braucht. Südlich von New
Orleans ist ja das Bayou Country. Und dort können Alligator
kontrolliert gejagt werden. Im Fernsehen bei uns gibts eine Serie darüber
- Swamp Hunter. Gegen 16 Uhr hat uns dann Mr. Preston, mittlerweile
durfte ich ihn "Meikel" (Michael) nennen, wieder
eingesammelt. Dann fuhren wir in ein China-Restaurant. Dort konnte man
für 12 $ essen, soviel man wollte, also Buffet wie bei uns, aber man
konnte sogar noch was mitnehmen, was wir natürlich ausgiebig gemacht
haben. In meiner Schale waren nur gebackene große Shrimps. Danach,
mittlerweile 17 Uhr, dachte ich, nun geht es zum Schiff. Aber da hatte
ich nicht mit meiner einkaufswütigen Crew gerechnet. Nun ging es in
die nächste Mall. Wie alles in den USA riesig. Eine Weile bin ich mit
rumgelaufen, aber dann habe ich mich am Eingang auf eine Bank gesetzt.
Es ist unwahrscheinlich, die Frauen, jung, alt, Mädchen ab 14, was die
für riesige Ärsche haben, und ich meine RIESIGE. Weiße auch, aber
hauptsächlich Schwarze. Ups, politisch unkorrekt ... Damit auch die in
dem großen Center einkaufen können, gab es Elektro-Einkaufswagen.
Also ein Elektro-Rollstuhl mit Einkaufswagen vorne dran. Die standen
genauso rum wie die normalen Einkaufswagen und waren heiß begehrt. Ich
habe so ca. 15 Stück gezählt, aber es waren sicher weit mehr, und die
waren immer besetzt. Dabei ist mir aufgefallen, in den USA piept alles,
was rückwärtsfährt, außer Fahrrädern. Auch diese Elektrowagen. Um
19 Uhr tauchte dann endlich der 1. auf. Inzwischen hatte ich die
Shrimps aus meiner Schale aufgefuttert. "Meikel" hatte nun
herausgefunden, welche Position ich an Bord habe - keine. Als er dann
erfuhr, dass ich auch zur See gefahren bin und auch Indien kenne,
kriegte er sich gar nicht mehr ein. Er fuhr auch als NO zur See. An
jedem Gate stellte er, ob die es interessierte oder nicht, den
"Gentleman from germany who was in the past a seaman and is now a
passenger" vor. Dann bekamen sie noch 2 Büchsen Sprite, und er
fuhr zufrieden weiter. Natürlich mussten dann Visitenkarten
ausgetauscht werden. Mit dem Hinweis, wenn ich wieder nach New Orleans
komme, mich unbedingt bei ihm zu melden. Ich bekam gleich mehrere
Prospekte in die Hand gedrückt. Er würde dann alles planen, mich
fahren und alles für kleines Geld. Ich glaube, das würde er auch
machen. Damit auch nichts schief geht, bekam ich zum Abschied noch 5
Visitenkarten, sicher ist sicher. Also, wer in New Orleans Urlaub
machen will, call Mr. Preston! Gegen 20 Uhr waren wir dann wieder zurück
an Bord. Dann sah ich auch, wie viel die eingekauft hatten. Natürlich
auch für die, die an Bord bleiben mussten. Für die ganze Fahrt betrug
mein Anteil 25 $. Ich denke, billiger geht nicht.
Der Mensch plant, aber Gott plant mehr. Dieses Jahr wird es nix mehr
mit Klönsnack. Eben hat mir der Alte den (vorläufigen) Reiseplan
verklickert. Morgen gehen wir rein nach Port Arthur. Dort bleiben wir 2
Tage. Dann geht's zurück nach New Orleans, wo wir 5-6 Tage bleiben.
Wir liegen im Fluss vor Anker, aber es ist ein Boot gechartert, welches
früh kommt und nachmittags uns wieder zurückbringt. Dann geht's rüber
nach England, Liverpool, Immingham. Dann geht's nicht wie geplant nach
Hause, hallo Tramper, nein, dann geht's runter nach Spanien, Bilbao,
und dann? Vorläufiger neuer Einlauftermin Brake 1. Dezemberwoche. Ich
glaube, ich muss mir morgen Zahnpasta und Haarwäsche kaufen ...
Wir liegen vor Port Arthur 2 Tage auf Reede. Zeit, mal in Ruhe das
Schiff zu erkunden. Das ist ein sehr interessantes Schiff. Gebaut 1997
in einer 3er Serie der "Amber Lagoon"-Klasse ausschließlich
für die Afrika-Fahrt. Ich selber bin nie, außer 1x mit der Humboldt,
Afrika gefahren. Ist wohl ein heißes Pflaster, und das sieht man dem
Schiff auch an. Das Schiff hat ein Forecastle, wo sich Luke 1 und die
Back befinden. Ca. 8 m tiefer ist dann das Hauptdeck mit den Luken 2-4
und einem Bereich in Lukengröße für Container. Dann kommt 8 m höher
das Poopdeck mit den Aufbauten. Die Aufbauten sind eine kleine Festung.
Die unteren Schotten, so wie die im A-Deck, außen und innen, sind mit
Buchstaben/Nummern-Schlössern gesichert. Im A-Deck ist dann Schluss.
Es gibt keine Tür, die innen zur Treppe in die anderen Decks und zur
Brücke führt ... Ach, gibt es doch. Ich habe Tage gebraucht, bis mir
jemand von der Crew sie gezeigt hat. Zur Brücke führt ab dem B-Deck
außen nur ein Niedergang, auf Steuerbord. Meine Kammer, die
Eigner-Kammer, liegt im D-Deck und trägt diesen Namen zu Recht. Vom
Treppenhaus führt eine Tür in einen kleinen Gang, der zu meiner
Kammer gehört, und von dem man in die Kammer gelangt. Ich habe ein
eigenes Außenschott, das auf mein eigenes Deck führt. Das Schiff hat
4 Kräne auf dem Vorschiff und 2 achtern für Proviant, Ausrüstung und
Gepäck. Kran 1, 2 und 4 können 40 t heben, Kran 3 80 t. Kran 5 Stb.
kann 6 t und Kran 6 Bb. 2,5 t. Luke 1 hat einen durchgängigen
Faltlukendeckel. Die anderen haben je Luke 4 mächtige Faltlukendeckel.
Bei schlechtem Wetter kann nur die Seite der Luke geöffnet werden, die
gerade gebraucht wird und bei Regen auch schnell wieder geschlossen
werden kann. Alles an diesem Schiff ist mächtig, die Faltlukendeckel,
das Laschmaterial, die Zwischendeckel, halt Schwergutschiff. Die
Maschinisten muss ich noch etwas vertrösten. Die Maschine schaue ich
mir auf der Überfahrt nach Europa an. Ihr könnt mir glauben, es
kommen so viele Erinnerungen hoch, dass sie förmlich überlaufen.
Viele Grüße aus dem "Casa Olé", einem mexikanischen
Restaurant. Habe nichts verstanden, was auf der Karte stand, und die
Kellnerin mich noch weniger. Also habe ich etwas bestellt, wo -Tempico-
drin vorkommt. Tampico war schön, also muss das schmecken.
Ich fange langsam an, nervös zu werden. Ob mein Taxi kommt. Habe eine
Uhrzeit und Treffpunkt mit ihm ausgemacht. Habe aber vergessen, wie die
genaue Adresse lautet, wo das Schiff liegt, falls was ist und ich ein
anderes rufen muss. Na wird schon werden, sonst muss ich auf dem
Parkplatz schlafen. Im Gras geht ja nicht, sind in Texas -
Klapperschlangen.
Entweder, ich habe den Joke vom Kapitän nicht verstanden, oder es war
gar keiner ... nachts um 1 Uhr war wie angekündigt Verholen an den
neuen "schöneren" Liegeplatz - 50 m voraus ... Es ist eine
Kohlepier nur so lang wie eine Luke. Darum muss jedes mal neu verholt
werden, wenn eine neue Luke dran ist. Für eine Gangway ist da kein
Platz mehr. Da muss eine Hebebühne sie ersetzen. Es gibt nichts außerhalb
der Aufbauten, was nicht rabenschwarz ist. Um 10 Uhr war mein Taxi
bestellt. Wolfgang, schick, fein und sauber, stand bereit. Nun musste
ich ja mit der Hebebühne von Bord, Fassungsvermögen 2 Personen, der
Fahrstand mittig. Die Hebebühne war genauso schwarz wie ihr Bediener,
ein Weißer, und die Gegend. Dann kletterte ich in den Korb, bemüht,
weder die dreckige Umrandung noch den noch dreckigeren Bediener zu berühren.
Das stellte sich aber als sinnlos raus, und ich war das erste Mal
dreckig. Als er die Bühne absenkte, tat sie das, was kleine Hebebühnen
so machen, sie wackelte. Also hielt ich mich fest und wurde noch ein
wenig mehr dreckig. Dann kam der Shuttle. Ein Pickup, mit offenen
Fenstern. Innen war er genauso dreckig wie außen. Geschickt platzierte
ich den Teil meines Rucksacks, wo nichts kaputt gehen konnte, unter
meinen Hintern. Krampfhaft bemüht, mich nicht anzulehnen, hielt ich
mich an der Ablage fest, schmutzige Hände hatte ich ja schon. Gott sei
Dank waren es nur ein paar Minuten. In der Baracke vom Gate musste ich
meine Daten angeben, und die war, richtig, auch dreckig. Als ich dann
auf das Taxi wartete, habe ich mir mit Fanta erst mal die Hände
gewaschen. Das tat gut, nun waren sie wieder sauber. Aber dafür
klebten die nun wie verrückt. Das Taxi kam, und die Freude war
riesengroß, sauber, außen und INNEN. Im Shopping Center dann rein in
die nächste Toilette zur Schadensbegrenzung. Das war aber eigentlich
auch sinnlos. Kohlenruß lässt sich auf einem hellen Shirt schlecht
entfernen. Ich habe dann versucht, die Flecken so zu verreiben, dass es
aussieht wie gewollt. Und hier schweigt der Fachmann. Zurück war mir
das egal. Die Dusche vor Augen, ging das ratzfatz.
Ich hatte einen tollen Tag gehabt. Ich sah ein "Bayou Café".
Dachte, gut, jetzt einen schönen Kaffee. Hätte mir bei dem Namen aber
denken können, dass das kein normales Café war. Wir sind in den Südstaaten.
Ein uriges kleines Restaurant. Natürlich, Bayou, Cajun-Küche vom
Feinsten, Crab, Crawfish, Shrimps, Chicken, Bohnen, alles, was ich nur
aus Büchern und Fernsehen kannte, gab es dort. Und die Krönung -
Cajun Live Music. Und diese Musik liebe ich, und nun erlebe ich sie
auch noch live! Leider war noch geschlossen, und sie haben nur geprobt.
Ein Schild an der Tür - Open 5pm-10pm - sie beginnen ab 17 Uhr zu
spielen. Das bedeutete für mich dableiben und warten, it’s a long
long time, oder abends nochmals hinfahren. Das wären nochmal 50 $
Taxigeld. Mittlerweile kriegten sie mit, das ich ein durstiger Ausländer
bin, 33° im Schatten, und ich bekam eine Cola. Where are you from?
GERMANY, great. Anscheinend ist hier irgendjemand irgendwann schon
einmal in Deutschland stationiert gewesen. So auch hier, ein Bruder und
ein Vater. Einer in Fräänkfoort (Frankfurt) und einer natürlich in Böörlin
(Berlin) on the Böörlin Wall. Wer wo war, habe ich nicht so recht
verstanden. Sie wechselten ständig zwischen Französisch und Englisch.
Nun sollte ich bis zum Abend dort bleiben, und es war erst kurz nach 12
Uhr. Nachdem ich ihnen mehr oder weniger meine Sorgen erklärte, sagten
sie mir, no problem. Einer von ihnen würde mich vom Schiff abholen und
auch garantiert wieder zurück bringen. Mit Hummeln im Bauch, hast du
auch alles richtig verstanden, sagte ich zu. Pünktlich wurde ich
abgeholt. Als ich ankam, war die Stimmung schon toll. Die meisten der
Leute kannten sich, und als ich kam, waren sie schon auf mich
eingestimmt. "The German is here!" Ich wurde von Tisch zu
Tisch weitergereicht, und noch mehr Leute waren selbst, oder kannten
jemanden, oder kannten jemanden der jemanden kennt, der in Deutschland
stationiert war. Das Essen übertraf alle meine Vorstellungen, und die
Cajun Music war super. Als ich ihnen dann sagte, dass ich Sarah Jayde
Williams kenne und mag, war der Abend gelaufen (s. Sarah
Jayde Williams & Bayou Cane - Chanson de Limonade ). Als
einige dann mit Cajun Dancing begannen, konnte ich es kaum fassen,
dabei zu sein. Es kostete mich dann einige Mühe, ihnen klar zu machen,
ICH KANN NICHT TANZEN. Wer Cajun Dancing schon einmal gesehen hat, der
weiß, was ich meine. Ich habe Gumbo und Jambalaya gegessen. Jambalaya
wäre ein Lied, dachte ich immer. Stimmt, aber es handelt über dieses
Gericht, typische Cajun Küche. Nur beim Thema Bier waren sie sehr
verwundert. Ein DEUTSCHER, der KEIN BIER trinkt? Aber als ich ihnen
erklärte, das käme wegen meines kranken Magens, natürlich würde ich
sonst Bier trinken, wo käme denn sonst mein dicker Bauch her ..., war
ihre Welt wieder in Ordnung. So habe ich einen unvergesslichen Abend
verbracht, und ich bin fast mit der gleichen Menge Geld wieder an Bord
zurückgekommen, wie ich losgefahren bin, obwohl ich sehr gut gegessen
habe. Ich glaube die Amerikaner lieben uns Deutsche mehr und ehrlicher,
als wir es mit ihnen tun. Natürlich wurden wieder Visitenkarten
ausgetauscht mit der Aufforderung - when you come to Port Athur call
me. Die Gefahr besteht weniger, denn Port Arthur liegt am Arsch von
Texas. Wenn also jemand von euch Urlaub in Port Arthur (Texas) machen
will, dann habe ich einige Adressen für euch. Ich hoffe nur, DIE
kommen nicht irgendwann mal nach Berlin und haben dann noch meine
Visitenkarte ... Übrigens hatte ich diesmal vorgesorgt. Von einem
Matrosen habe ich mir ein Arbeitshemd geben lassen, und ich habe meine
Handschuhe mitgenommen. Beides habe ich erst auf sicherem Territorium,
also in einer sauberen Umgebung, wieder ausgezogen. Nun sitze ich sehr
zufrieden bei einer eiskalten Coca Cola, höre im Radio Cajun Music, es
gibt hier für jede Musikrichtung einen Sender, und lasse diesen Abend
ausklingen. Ich glaube, dass war der Höhepunkt meiner Reise. Was soll
das noch toppen?
Hier an dieser Pier wird der Traum der Menschheit wahr: "Alle
Menschen sind gleich" - gleich schwarz. Du siehst nicht, ob es
unter dem Helm ein Schwarzer oder ein Weißer ist. Da muss man schon
gaaanz genau hinsehen.
Früh sind wir nun, nach 2 Tagen auf Reede, wieder eingelaufen. Diese 2
Tage brauchten wir aber auch, um die Luken vom Kohlendreck säubern zu
können. Dafür ist extra eine Firma aus Port Arthur mit rausgekommen,
die das profimäßig gemacht haben. Das ganze Dreckwasser wurde nicht
außenbords gespült, sondern in Tanks gepumpt und dann an Land
entsorgt. Ihr glaubt ja gar nicht, was die für einen Schiss vor den
amerikanischen Behörden haben. Auf den Seekarten sind alle Gebiete
eingezeichnet, wo nichts entsorgt werden darf, also fast überall. Wir
mussten alle einen Zettel unterschreiben, wo alle Verbote peinlichst
genau aufgezählt wurden. Ebenso sind in den Karten genau
eingezeichnet, ab wo mit sauberem Diesel gefahren werden muss. Und
daran sollte man sich auch halten. - Aber jetzt muss ich auch mal eine
Lanze für die Amis brechen. Solche disziplinierten und höflichen
Autofahrer wie hier habe ich noch nicht gesehen. Als wir als Fußgänger
über diese riesigen Parkplätze liefen, sind die Autos in gebührendem
Abstand stehengeblieben, bis wir an ihnen vorbei waren. Ohne Hupen und
Meckern, mit einem Lächeln. Parkplatz suchen, alles geht ruhig und
ohne Drängeln, auch wenns mal etwas länger dauert. Da können sich
unsere Autofahrer, mich eingeschlossen, eine Scheibe von abschneiden. -
Eigentlich wollte ich die 2 Tage nicht mehr an Land gehen. Von den Kühen
hatte ich mich schon verabschiedet, und die restlichen Dollars wollte
ich in New Orleans ausgeben. Da sagte mir beim Frühstück der Kapitän,
dass das Schiffsgehirn, wie es Landolf Scherzer in seinem Buch nannte,
und der Agent nach Port Arthur fahren, ob Mr. Passenger nicht mit will?
Wir waren 6 Personen, also ist das Taxi schon mal billig und vielleicht
fällt noch beim Essen etwas ab. Kurz überlegt - Mr. Passenger will.
Schnell unter die Dusche und runter. Der Agent hatte kein Taxi, sondern
einen Bus von der Seemannsmission besorgt. Zuerst sind wir wieder zum
chinesischen Buffet gefahren. Kann man zu Hause auch, aber was es hier
für Krustentiere gibt - unglaublich! Bei einigen wusste ich gar nicht,
was man davon essen kann. Der Spaß hat mich mit Cola 15 $ gekostet,
sehr preiswert. Die anderen sind dann shoppen gegangen und ich mit dem
Agenten spazieren. Er hat viel erzählt ... ich hab wenig verstanden
... wir waren ein gutes Team. Aber das Janis Joplin in Port Arthur
geboren und aufgewachsen ist, das habe ich verstanden. Um 16 Uhr haben
wir uns dann alle in einem texanischen Steakhaus getroffen. Oh Mann,
das waren Steaks. Riesig, da hing noch der halbe Ochse mit dran.
Vorsichtshalber habe ich nichts weiter dazu bestellt. Der Preis war
auch riesig. Nur das Steak 54 $, aber so etwas Leckeres habe ich noch
nicht gegessen. Meine Hoffnung vom Frühstück hatte sich Gott sei Dank
erfüllt. Die Rechnung hat der Agent bezahlt und bestimmt als Geschäftsessen
abgesetzt. Satt und mit müden Füßen waren wir gegen 22 Uhr wieder
zurück auf dem Schiff. Das sah mittlerweile wie mit Puderzucker übergossen
aus. Erst Black, jetzt White. Wir liegen über eine Woche im Zeitplan
hinterher und ich befürchte, das war es noch nicht. Aus Spaß habe ich
zu Beginn der Reise gesagt, dass ich auf das Gewicht des Koffers achten
muss, falls ich von irgendwo zurück fliegen muss. Man soll ja den
Teufel nicht an die Wand malen ...
So, nun liegen wir seit 5 Tage in New Orleans. Die Termine verändern
sich fast stündlich. Zwischen 6 und 14 Tage Liegezeit in New Orleans
ist alles möglich. Als wir den Mississippi erreicht hatten, dachte
ich, gehst nur bei den interessanten Abschnitten auf die Brücke. Ich
sitze also mit meinem Fernglas auf dem Tisch, als das Telefon geht. Die
Brücke, ob ich mal rauf kommen kann, der Lotse hat nach mir gefragt.
OK, die brauchen einen erfahrenen Rudergänger, also rauf. Nein, es war
der 4. Lotse, der uns beim 1. Mal in den Hafen gebracht hat, und er
wollte wieder mit mir quatschen. Toll, er hat mich also verstanden.
Diesmal waren es 5 Lotsen bis zu diesem Liegeplatz. Wir sind weit den
Mississippi hochgefahren, noch einmal 6 Stunden, direkt an der Skyline
vorbei, gigantisch. - Obwohl wir erst so kurz hier sind, haben wir
schon 3-mal verholt. Wir liegen an Tonnen und bekommen Weizen als Schüttgut
aus Schuten, mit einem Kran und einem Greifer. Die Schute, die uns an
Land bringt, ist kostenlos. Aber zur Stadt kostet das Taxi hin und zurück
120 $. Ganz schön happig. Als der Alte fragte, ob ich an Land will,
hab ich erst einmal nein gesagt. Heute nun, gegen 9 Uhr, geht wieder
das Telefon, der Kapitän. Ob ich mal zu ihm hoch kommen kann. Ups,
heute wie früher, beim Alten Antanzen bedeutet nichts Gutes. Bei ihm
saß der Super Cargo. Wir begrüßten uns, und er sprach deutsch mit
mir. Er war in Rammstein stationiert, hat sich von dort seine Frau
mitgebracht und kann deshalb ganz passabel deutsch. Er hat gehört,
dass mir ein Taxi zu teuer ist. Deshalb bietet er mir an, mich nach New
Orleans zu bringen und mir die Stadt zu zeigen. Er hat schon mit seiner
Frau gesprochen, und sie wäre froh, sich mal wieder in ihrer
Heimatsprache mit mir unterhalten zu können. Ob ich will. Und ob ich
wollte!!! - I am the Passenger, I am from Germany - das sind
anscheinend die magischen Worte, die mir die Türen öffnen. Pünktlich
um 10 Uhr stand ich an der Gangway. Wir sind dann zu ihm nach Hause
gefahren, er wohnt in einem Vorort von New Orleans, und haben seine
Frau abgeholt. Ich habe mich auf Anhieb mit den beiden super
verstanden, auch weil sie wissen, dass es hinter den Grenzen der USA
auch noch andere Länder gibt. Durch das Auto konnten wir überall
hinfahren, und ich habe heute unglaublich viel gesehen. Zur Krönung
sind wir dann abends noch Essen gegangen, und ich durfte aussuchen,
wohin. Da gab es natürlich nur Eines - Cajun/Creolisches Essen. Und
wie der Zufall es will, die beiden sind absolute Fans davon. Manchmal
habe ich Angst aufzuwachen, und das Ganze ist nur ein Traum ...
Endlich sind wir auf Heimreise. Das Schiff ist voll mit Schüttgut.
Sofort, als wir das Mississippi-Delta verlassen hatten, wussten wir,
welche Jahreszeit wir haben. Windig und See um die 8 von querab. Rumst
mächtig. Mal sehen, wie es im Nordatlantik wird. - Kurz zum Leben auf
dem Schiff. Es existieren hier 2 Parallelwelten. Eine europäische
unter Deck, also Maschine Polen, und an Deck eine asiatische,
Nautik/Matrosen Asiaten. Auf Sicherheit wird hier sehr geachtet und
auch darauf, dass die Sicherheitseinrichtungen in Ordnung sind. Es wird
alles protokolliert und dafür unterschrieben. Jede Zeitumstellung muss
festgehalten werden. Sauberkeit spielt da eher eine untergeordnete
Rolle. Obwohl wir bereits seit 2 Tagen auf See sind, sind die
Aufbauten, die Decks und die Reling immer noch total dreckig. Da wird
nix gespult. Der Wind oder der nächste Regen werdens schon machen.
Ich habe mich immer gewundert, dass die polnischen Ing.s ziemlich
unregelmäßig zum Essen in der O-Messe aufkreuzen. Als ich dann zum
Frisör-Termin erschienen bin, wusste ich warum. Zunächst bekam ich
einen Teller mit frisch gebratenen Kartoffelpuffern. Die machen oft ihr
eigenes Essen. Bratwurst, polnische Knacker, leckere Eintöpfe usw. Bei
unserem tödlichen Gelage muss ich wohl in den Verteiler aufgenommen
worden sein. Die Puffer, Bratwurst im MKR, und nun gab mir der Chief
ein Glas mit deutschem Kartoffelsalat.
Einmal Seemann, immer Seemann. Ich saß nach dem Abendbrot in meiner
Kammer, als plötzlich Bootsalarm ausgelöst wurde, wieder und wieder
und wieder. Keine Durchsage, Übung oder so. Der Kapitän und der
Chiefmate saßen gerade noch mit mir am Tisch und hätten was gesagt.
Also los, lange und warme Sachen angezogen, Arbeitsschuhe an,
Schwimmweste um und vorsichtshalber noch meine kleine Taschenlampe mit
Kurbel-Akku in die Tasche gesteckt, auch habe ich mir meine
Blutdruck-Tabletten in die Tasche gestopft. Die schwere Tasche mit dem
Überlebensanzug geschnappt und außen runter aufs Poop-Deck zur
Muster-Station. Habe eine super Zeit hingelegt, ich war der Erste.
Komisch war nur, ich blieb es auch, keiner weiter kam. Auch hörte ich
keine lauten Geräusche. Also bin ich zur O-Messe gegangen und sah in
lauter erstaunte Gesichter. Der Kapitän, Chiefmate und zwei Ing.s saßen
ganz entspannt beim Abendbrot. Wütend fragte ich: "What the hell
is that, it was Man Over Board Alarm?" Sie erklärten mir, es wäre
doch nur ein Fehlalarm gewesen ... Hey, eine kurze Durchsage
vielleicht??? Da haben sie halt nicht mit einem gut ausgebildeten
DDR-Seemann gerechnet, Alarm ist Alarm! Mittlerweile floss mir der
Schweiß aus allen Poren, und ich war pitschnass. Wütend bin ich dann
mit dem ganzen Scheiß wieder die 56 Stufen hoch in meine Kammer
gestiegen, und ab unter die Dusche. Beim nächsten Alarm warte ich, bis
sie mich holen kommen.
Gestern beim Frühstück wieder mit dem Chief rumgeflaxt. Er: Are you
going sleep now, beautiful landscape, nice sun usw. Ich antworte ihm
dann, und er schüttelt mit dem Kopf und geht. Heute sagt er darauf:
You've got the equipment, why do you not work in the engine room? Ich:
Why not? - Und morgen ist für mich um 8 Uhr Arbeitsbeginn in der
Maschine. Und ihr werdet es nicht glauben, ich freue mich darauf. Würde
auch gerne mal an Deck arbeiten, aber da wir so tief liegen, kommen
immer wieder Brecher über das ganze Schiff. Wir sind schon im
Nordatlantik, und die See ist ziemlich rau. Es scheint zwar die Sonne,
aber es wird schon spürbar kühler. Ein paar Tage habe ich ja noch
Zeit.
Wir haben mit mächtig rauer See zu tun. Wir fahren am Rand eines
Sturmes. Die Kombüse arbeitet auf Sparflamme, also wenig Suppe in großen
Schüsseln. Blaue Flecke hab ich auch schon einige. Oft wird man von
einem plötzlichen Seeschlag oder einem starken Krängen des Schiffes
überrascht, und schon klebt man wieder an irgendeiner Wand.
So, meine zwei Arbeitseinsätze in der Maschine sind beendet. Meine
lieben Freunde aus der Maschine, ich wusste, dass meine Entscheidung
damals an Deck zu fahren, richtig war. Es war laut, warm, stickig und
außer Metall hat man auch nichts von dem tollen Sturm auf dem Atlantik
gesehen. Ich freue mich jetzt schon auf unsere nächsten (Streit-)
Gespräche. Zuerst bekam ich eine kleine Einweisung, und dann gings
los, Farbe waschen. Im Vergleich zum Deck muss ich fairerweise sagen,
der Maschinenraum war sauber, und als ich fertig war, konnte man vom
Boden essen. Naja, schließlich war da ein Matrose am Werk. Da ich
keine Sonderbehandlung wollte, Arbeitszeit wie alle anderen, 10 und 15
Uhr Smoke Time, 1 Std Mittagspause, Feierabend 17 Uhr. Ich hatte aber
Glück gehabt. An jedem Tag wurde die Uhr um 1 Std vorgestellt. Das
passiert hier um 16 Uhr, warum auch immer. Also 1 Std weniger arbeiten.
Aber ich habe gemerkt, dass ich Rentner bin. Zum Schluss verging die
Zeit gar nicht mehr. Deshalb habe ich die Uhr auch gleich oben
gelassen. Das ständige Raufsehen macht einen verrückt. Heute musste
ich Roststellen beseitigen. Mit einer angeschliffenen Feile, einer
Drahtbürste und Pinsel und Farbe ging es los. Das hat Spaß gemacht.
Mein blaues Fleckenkonto konnte ich auch weiter aufstocken. Eigentlich
sollte heute Schluss sein. Aber ich hatte erzählt, dass ich Dreher
gelernt habe. Nun fragte mich der Chief, ob ich mir noch zutraue,
Bolzen mit je einem Absatz pro Seite zu drehen. Klar, warum nicht. Aber
jetzt bin ich nicht mehr so zuversichtlich. Das letzte Mal stand ich
1970 an einer Drehbank.
Ich habe es gewusst, es erwischt mich. Nach meiner letzten Wache im
Maschinenraum saß ich gemütlich auf meinem Deck in der Sonne. Meine
Bolzen habe ich, bis auf einen, ganz gut hingekriegt. Als der Dampfer mächtig
überholte, hielt ich mich natürlich krampfhaft fest. Leider an dem
Schlitten, auf dem der Drehmeißel war. Wummms, es knallte, und Bolzen
und Meißel waren futsch. Wie als Lehrling, kurz nach links und rechts
geschaut, neuen Rohling und Meißel gesucht, gefunden und weiter
gemacht. Also ich sitze zufrieden mit mir und der Welt auf meinem Deck
und trinke Kaffee. Plötzlich höre ich wieder dieses blöde
Bootsalarm-Signal. Denke, ihr könnt mich mal, nicht schon wieder und
mache weiter bei meiner Lieblingsbeschäftigung, auf das Meer schauen
und genießen. Plötzlich steht der Steward, in voller Kampfaurüstung,
vor mir. Sir, Man Over Board Alarm! Also schnell den ganzen Kram
angezogen und runter. Später fragte ich den Kapitän, warum ich keine
Info erhielt. Er sagte, weil ich sogar bei dem Fehlalarm unten war,
glaubte er, ich würde schon kommen. ...
Unser Grillen musste nun endgültig abgesagt werden. Das Schiff hat
einfach zu doll gerollt. Also wurde, schön getrennt nach Maschine
(Polen) und Nautik/Deck (Myanmar), das Beste daraus gemacht. Die
Ing-Offiziere und ich haben draußen auf ihrem Deck gesessen und die
Anderen in der Crew Bar. Die Polen hatten Hähnchenschenkel und -Flügel
lecker mariniert, Knobibutter, Gurken, Meerrettich, Kartoffelsalat und
was weiß ich nicht alles aufgetischt. Die müssen ihr eigenes
Lebensmittellager in den Lasten haben. Und dann bekam ich endlich mal
was GEBRATENES und nicht wie sonst alles fein säuberlich zerkocht.
Unsere Asiaten essen alles ohne Messer. Stattdessen nehmen sie einen Löffel.
Also wird alles gekocht. Gibt es dann für uns Europäer doch mal was
Gebratenes, dann wird es totgebraten, was heißt, es ist total trocken
und knochenhart ... Aber Gott sei Dank, ich habe ja meine polnischen
Freunde. Hätte nie gedacht, dass ich das mal sagen werde. Auf meinen
Wunsch gibt es diese Woche wieder frische Kartoffelpuffer. Ich mache
die Kartoffeln. Vorbereitung. Sogar der Alte kam zum Essen vorbei, und
als er das Becks Bier auf der Back sah, leuchteten seine Augen. Es ist
ein sehr schöner und auch ein gemütlicher Abend geworden. Natürlich
wieder mit Ballantine’s.
Nun bin ich seit 66 Tagen an Bord. Mir kommt es aber erst wie 14 Tage
vor. Wir fahren jetzt auf der Titanic-Route Richtung Liverpool. Es
herrscht weiterhin raues Wetter, und es wird empfindlich kühler. Ich
werde nun die kurzen Sachen waschen und wegstauen. In 3 Wochen ist ja
die Reise (vielleicht) leider schon wieder zu Ende. Am Vormittag war
ich nun zum Filmen in der Maschine gewesen. Wie es sich mittlerweile
gehört, zuerst 10 Uhr Smoketime im klimatisierten MKR und dann raus in
den lauten, heißen und nur mit künstlichem Licht beleuchteten engen
Maschinenraum. Der Chief kontrollierte, ob ich Arbeitsschuhe und Helm
hatte, und dann bin ich los. 1 1/2 Std habe ich mir alles allein in
Ruhe ansehen können. In jede Ecke bin ich gekrochen. Ich bin immer
wieder überrascht - über die vielen Leitungen, Handräder, Ventile,
und was es da alles sonst noch so gibt. Hut ab vor euch Maschinisten.
Das muss mal neidlos gesagt werden, wir von Deck haben kein Problem
damit, WIR KÖNNEN DAS.
Und die Nautik hat wieder einmal recht gehabt, wie eigentlich immer.
Die Biskaya hat uns fest im Griff und macht ihrem Namen alle Ehre. Wir
werden gerade so richtig durchgeschüttelt. Wir laufen nur noch 11
Knoten. Gerade eben ist wieder einmal alles raus, runter und
durcheinander gefallen, obwohl ich dachte, alles seefest gemacht zu
haben. Stühle umgefallen, Schubkästen rausgerutscht, das reine Chaos.
Seit Tagen renne ich nur noch Berge hoch und wieder runter. Dadurch,
dass wir so tief im Wasser liegen, hat man bei jedem starken Brecher
das Gefühl, dass das Schiff kurz anhält, es zittert und schüttelt
sich richtig. Diese Nacht war es besonders schlimm. Ich habe höchstens
3 Stunden geschlafen. Unsere Kojen früher waren schön schmal gewesen,
so dass man sich links und rechts schön verkannten konnte. Bei meiner
breiten Koje geht das leider nicht. Ich kralle mich wie ein Krake bäuchlings
auf meiner Matratze fest. Mit der rechten Hand zwischen Matratze und
Wand und dann schön die Matratze festhalten, das verhindert, dass man
links aus der Koje geworfen wird. Aber auch in die andere Richtung muss
man sich absichern. Ich hatte einen Moment nicht richtig aufgepasst,
als ich wie ein Geschoss an die Wand geschleudert wurde. Ich konnte
gerade noch den Kopf etwas runter nehmen, damit es nicht die Nase
erwischt. Dafür habe ich jetzt auf der Stirn eine wunderschöne
riesige Beule, die langsam so dunkelblau wird, wie es die Biskaya draußen
ist ... Aber ein Indianer kennt keinen Schmerz. - Mein Freund Norbert
M. Nun kann ich unsere Frage, die wir uns bei jeder Gedser-Überfahrt
gestellt haben, beantworten - ich bin noch seefest. Mir wird nicht
schlecht, das Essen schmeckt, und es ist eine Freude, von der Brücke
aus dieses Schauspiel zu beobachten. Darum, liebe (hoffentlich noch)
Freunde aus der Maschine, erzähle ich euch das, weil ihr ja so etwas
Schönes nie sehen konntet.
Hier kocht gerade die Gerüchteküche. Wo geht's hin nach Immingham?
Angeblich haben wir ab dort keine Ladung und sollen von dort nach
Bilbao und Lissabon gehen. Dann eventuell nach Brake oder gleich wieder
zurück über den Teich. Da aber ein Crew-Wechsel ansteht und fast die
gesamte Crew ausgetauscht wird...? Und wie war das früher bei uns? Das
Gerücht, welches am unwahrscheinlichsten klingt, traf dann ein. Was
wirklich wird, erfahren wir erst vom Super Cargo in Immingham. Unser
Koch hatte Pech gehabt, er ist schon 11 Monate an Bord, weil seine Ablösung
nicht kam. Die Crew hat 9 Monats-Verträge, die Nautik 6 Monate und die
Maschinen-Ing.s 3 Monate und 1 Rundreise frei. Diesmal wird er aber
ausgetauscht. Aber wo, das weiß nur der Klabautermann.
Gott sei Dank, wir sind in der Irischen See und haben Landschutz. Seit
14 Tagen nur geschüttelt, geschaukelt, und an Reling und Wände aller
Art geworfen zu werden, hat nun ein Ende, vorläufig jedenfalls. Die
Fahrt durch die Nordsee kommt ja noch. Das Wetter wird dem britischen
Klischee gerecht. Kalt, Nieselregen, leichter Nebel und durch die
Wolken lugt die Sonne. Einfach schön. Nach 2 1/2 Monaten Sonne muss
ich mir aber, wenn ich an Deck gehe, wieder angewöhnen, feste Schuhe
anzuziehen. Immer wenn draußen was ist, schnell in die Schlappen, raus
- und schwupps, hab ich nasse Füße. 10 Uhr wurde Anker geworfen.
Morgen 23 Uhr geht's dann rein, 60 sm bis Liverpool den Mercy hoch.
Schade, wäre gerne am Tag eingelaufen. Aber vielleicht klappt es ja
beim Auslaufen. Ich sag euch, es ist wie früher, wenn wir kurz vor zu
Hause waren, Aufregung pur. Wie geht es weiter? Die Nautiker werden früh
in der O-Messe nicht mehr mit Guten Morgen begrüßt, sondern mit -
and, news???
So, Ruhetag ist angesagt. Gerade haben wir erfahren, dass wir erst
Freitagabend auslaufen. Also werde ich mich heute erholen und dann
morgen nochmal losziehen. Nach so langer Zeit auf See ist man das
Rumgelaufe nicht mehr gewöhnt. Mir tun ja sowas von Füße weh.
Gestern war ich mit dem 2. Passenger unterwegs. Aus dem ist im Laufe
der Zeit ein ganz cooler Typ geworden. Haben das typische
Touri-Programm abgespult. Beatles Museum, Cavern Club und Umgebung,
Panny Lane mit dem berühmten Barber Shop und natürlich die Albert
Docks. Wir liegen wirklich nur 20 Minuten von der City entfernt, aber
nur auf der Seekarte. Was wir nicht gesehen haben, der Hafen zieht sich
bis zur Stadt hin. Also sind es 15 Minuten Autofahrt. Dank der
Seemannsmission kein Problem. Du rufst an, wirst vom Schiff abgeholt
und hingebracht, wohin du willst. Entweder man macht gleich Zeit und
Ort aus, wo man wieder abgeholt werden will, oder ruft dann an. Und das
alles for free. Die Mission befindet sich in einer alten Villa. Very
british. Man bekommt sofort einen Kaffee, Cappuccino oder etwas anderes
angeboten, for free. Ich habe mir gleich die aktuellen Nachrichten
ausdrucken lassen. Seit 2 1/2 Monaten erste deutsche Infos.
Fast täglich gibt es neue Order, so auch heute. VIELLEICHT, so fangen
fast alle (schlechten) Nachrichten an, geht es nach Immingham weiter
nach Antwerpen und dann Bilbao. Deutschland eventuell gar nicht. Das wäre
mein Albtraum, schwerer Koffer und Rucksack, Tüten. Ich dachte ja,
wenn ich ankomme, steht mein Auto an der Pier. Na, ich habe ja noch
einige Tage, wo sich alles wieder ändern kann.
Wolfgang, durchhalten, denn du hast ja die Reise deines Lebens gemacht
und viel Spaß und Freude gehabt. Komm gesund wieder, egal wann.
Vorgestern, zum Abendbrot, habe ich mir mal wieder meine große Klappe
verbrannt, im wahrsten Sinne des Wortes. Es gab Shrimps-Pfanne nach
Myanmar-Art. Sehr, sehr lecker. Also nur Shrimps ohne Reis bestellt.
Dachte mir, dort wo der Reis liegt, hätten viele Shrimps Platz. Und
meine Rechnung ging auf. Ich bekam einen grooooßen Teller voll
Shrimps. Als ich nach Nachschlag fragte, bedauerte der Steward, UNSERE
wären alle, nur für die Crew wären noch welche da. Aber die sind -
little spicy. Hmm, er sagte, little spicy und nicht spicy, wird schon
nicht so schlimm werden. OK, dann Nachschlag. Bitte. Er sah mich an,
als wenn ich die Kronjuwelen klauen wollte. Er murmelte etwas wie, I
said him little spicy, und ging. Dabei wackelte er mit dem Kopf wie
eine chinesische Winkekatze mit der Pfote. Als er zurückkam, mit einer
ziemlich kleinen Portion, stellte er mir wortlos ein Glas Saft hin und
ging. ... Nach den ersten Bissen bekam ich keine Luft mehr! Dann liefen
mir die Tränen ohne Halt, und ich hatte das Gefühl, in meinem Mund
befindet sich ein offenes Feuer. Nach einer kurzen Schockstarre war der
Saft in einem Bruchteil einer Sekunde ausgetrunken, und der Toast
schoss hinterher. Der Steward, hinter mir stehend wie wahrscheinlich
auch die aus der Crew-Messe, reichte mir mit einem vorwurfsvollen Blick
den 2. Saft. Und er konnte es sich nicht verkneifen, zu sagen - I’ve
said, little spicy. ... Wer nicht hört, muss büßen.
War gerade auf der Brücke gewesen. Die Irische See sah durchs Fernglas
richtig, richtig böse aus, und wir fahren mit Ballast. Dann fröhliches
Schaukeln und Sammeln von neuen blauen Flecken. Mein
Blaue-Flecken-Konto hatte ich gerade abgebaut.
Es ist bei uns so richtig lustig zurzeit. Jeder fragt jeden, ob es was
Neues gibt. Den Passenger, der MUSS es ja wissen, nein weiß er nicht.
Den Chief oder Chief Mate, nichts Genaues weiß man nicht. Der Alte hält
sich bedeckt. Aber am Besten weiß immer der Steward Bescheid. Also
heute morgen - news - good news, bad news - mal sehen. Stand an diesem
Morgen 8 Uhr: Da wir durch das defekte Schleusentor festliegen, haben
wir gerade verholt und bekommen Ladung. Dann geht es, wann auch immer,
direkt nach Bremen, Antwerpen, Immingham, Bilbao. Das kann sich aber,
sogar schon heute Abend, ändern. Bin noch am Überlegen, wo ich am
besten absteige. In Bremen - sicher ist sicher. Antwerpen - mit dem Bus
nach Hause fahren kein Problem. Oder sagt die Reederei in Bremen -
Runter mit ihm, genug ist genug.
Bin gerade lecker essen und ein Geburtstags-Ehrengast einer jungen Dame
geworden. Ich verstehe kein Wort was sie sagt, aber sie ist sooo süß
... Ach, ich vergaß, zu sagen, dass sie heute schon ganze 3 Jahre alt
geworden ist und das schon mit den Fingern zeigen kann. Die Kleine kam
an meinen Tisch und erzählte mir etwas. Die Mutter sah mich an und
erwartete wohl irgendeine Reaktion von mir. Da sagte ich ihr, wo ich
herkomme. Dann musste ich mich an ihren Tisch setzen. Es war eine große
Truppe, ca. 10 Kinder etwa im gleichen Alter und entsprechende Anzahl
Eltern und einige Großeltern. Ich hatte das Gefühl, die Männer waren
froh gewesen, der Kinderschar durch mich entfliehen zu können. Sie
unterhielten sich sehr intensiv mit mir und konnten sich deshalb nicht
mehr um die Kleinen kümmern. Das mussten nun wieder die Mütter
alleine machen.
Ein (letzter?) Abend in Liverpool. Ich wurde von einer kleinen, sehr
jungen Dame zum Geburtstag eingeladen, habe mit einer lustigen Truppe
und einer großen, jungen Dame aus Belfast einen schönen Abend in
einem Irish Pub verbracht, und um Mitternacht haben alle zusammen
deutsche Bratwurst gegessen.
Als ich heute Morgen aufgestanden bin, lag ein großes Containerschiff
neben uns - das Schleusentor funktioniert wieder. Dann ging alles sehr
schnell. Um 10 Uhr war der Lotse an Bord, und um 12 Uhr waren wir auf
See und ...... ja, wohin fahren wir jetzt eigentlich, keine Ahnung. Im
Moment geht es erst einmal Richtung Süden, das stimmt immer. Grönland
hätte mir gerade noch gefehlt. Bis zur Südspitze Englands haben sie
noch Zeit, sich zu entscheiden. Schicken sie uns Richtung Süd-Ost,
geht's nach Antwerpen oder Bremen. Richtung Süd-West geht's nach
Bilbao, Lissabon ...... also in die weite Welt. Doch ich denke, dass
die Reederei mich endlich loswerden will, immerhin fahre ich seit 21
Tagen umsonst mit, bezahlt habe ich bloß für 60 Tage. Aber auch
andere an Bord sind gespannt, wie es weitergeht. Die meisten sollen
abgelöst werden. Nun warten alle auf das Abendbrot und fragen jeden,
der die O-Messe betritt - and news???
Sie hat mich wieder, die Irische See. Und wieder schüttelt, schubst
und stößt sie mich durch die Gegend. Wir haben Ende November, und da
könnt ihr euch ja vorstellen, wie es hier aussieht. Wenn wir um
Englands Südspitze rum sind, kriegen wir es voll von der Seite. Vorhin
kam die Durchsage, alles laschen, was nicht niet- und nagelfest ist.
Habe jetzt (hoffentlich) alles seefest verstaut. Alle Schubfächer, die
keine Verriegelung haben, also fast alle, wurden mit Stofffetzen dicht
gesetzt.
Wir sind nun an Dover vorbei und werden dann langsam nordwärts
steuern. Die letzte Nacht gab mir einen Vorgeschmack von dem, was auf
uns zukommt. Im Schlaf merkte ich, dass es irgendwie abwärts ging.
Instinktiv, das lernt man ganz schnell, fuhr meine Hand blitzschnell
zwischen Matratze und Wand. Das war keine Minute zu spät, sonst hätte
ich unten gelegen. Also wieder das alte Spiel, Bauchlage und wie ein
Krake in die Matratze verkrallen. Einerseits musst du aufpassen, dass
du nicht aus der Koje fällst, und anderseits, dass du nicht die Wand küsst.
Also muss die Hand einmal kräftig halten, damit man nicht rausfällt,
aber dann sofort kräftig gegenhalten, wenn dir die Wand im
Sauseschritt entgegenkommt. Ein schönes Spiel mitten in der Nacht. Ich
habe alles in der Kammer seefest gemacht. Alle Sessel lagen dort wo sie
sollten, die Schubkästen gut gesichert. Alles gut dachte ich ......
aber denkste. Jetzt polterte es in den Schubkästen, und im Kühlschrank
fand wohl eine Party statt. Ich lag aber so gut verkeilt, dass das mir
jetzt wurscht egal war, nur nicht aufstehen. Also ließ ich es rollen
und poltern.
Das wird der letzte Beitrag dieser Reise - merkt ihr den feinen
Unterton? - DIESER Reise werden. Dadurch, dass neue Passagiere kommen,
muss ich in Bremen leider absteigen. Und das könnt ihr mir glauben,
nicht nur mit einem weinenden Auge. Ich war in der Seafarers-Mission.
Einfach abhängen und die 183 E-Mails abarbeiten, die aufgelaufen sind.
War gar nicht so schlimm, das meiste war Werbung gewesen. Morgen gegen
10 Uhr geht es dann nach Immingham zum Bummeln und, hoffentlich, zum
Essen. Fleisch, ich will FLEISCH, gebraten. Bouletten, Schnitzel, Döner,
Hamburger, egal was, Hauptsache gebraten. 3 Monate weichgekochtes europäisiertes
asiatisches Essen reicht. Fleisch, ich will FLEISCH.
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Mit MS "Grey Fox" (IMO 9151905, Daten im Bild) von Brake
und Antwerpen nach Newport News, Norfolk (USA), Altamira, Tampico
(MEX), Houston, New Orleans, Port Arthur, New Orleans, Savannah (USA),
und wieder zurück nach Liverpool, Immingham (GB) und Bremen |
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Reefer MS "Elbrus" (IMO 8916229, 1990 in Japan gebaut,
7.242 tdw, 146.29m × 18.5m) |
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Nachtrag
Immingham:
Eigentlich wollte ich ja nicht mehr an Land gehen. Immingham ist lt.
Internet nur ein kleiner Ort. Aber dann kam die Sonne raus, und es
kribbelte in meinen Füßen, los, an Land mit dir! Erst bin ich 20
Minuten nach Immingham gelaufen, um dann festzustellen, dass das Web
recht hat. Dort sagen sich Fuchs und Igel Gute Nacht. Ich wollte etwas
essen, aber das Leben scheint überall erst um 12 Uhr Mittags zu
beginnen. Restaurant? Fehlanzeige. Also ab ins einzige größere Hotel,
das County Hotel. Dort schien der Tag gerade erst anzulaufen, 12 Uhr
mittags. Ich habe mich gar nicht rein getraut. Aber ich musste aufs
Klo. Und während ich da so dumm herumstand, kamen 2 Männer, und der
eine fragte mich etwas. Standard Antwort: I am not from here. Dieser
Satz erweckte sofort Interesse. Where are you from? Germany - und die
Freude war groß. Als ich auch noch fragte, ob ich da drinnen wohl
einen Kaffee bekommen würde, come in, come in, wie heißt du, und
schon waren wir drinnen. Dort stellte er mich einigen Leuten als den
Seemann from Germany vor, und wir stellten uns alle gegenseitig mit
Namen vor. Aha, dachte ich, dem gehört der Laden. Tat er aber nicht.
Er schien bekannt wie ein bunter Hund zu sein. Die Kaffeemaschine war
noch nicht startklar, aber sein neuer Freund wollte ja einen Kaffee
haben, und schon hatte ich einen, keine Ahnung woher. Er war ein
Liebhaber deutscher Autos und Motorräder. Er schwärmte von seinem
deutschen 20 Jahre alten Mercedes E300. Dann fragte er mich nach meinem
Auto. Ich schwärmte von meinem britischen 20 Jahre alten Rover 45.
Einen Moment große Augen, und dann Gelächter!!! Was zu essen bekam
ich auch noch, aber nicht dort. Mittlerweile war es 14 Uhr geworden,
und ich musste zurück an Bord. Am Straßenrand Richtung Hafen hatten
nun etliche Buden aufgemacht. Der Weg war lang. Zum Warmwerden erst mal
eine warme Pastete mit Chicken, Beef und einer leckeren Soße. Als das
verdaut war, kam eine Bude mit fish & chips in Sicht. Das verstehen
die Briten, da kam ich nicht dran vorbei. Weiter Richtung Hafen. Und
fast auf den letzten bewohnten Metern, bevor der lange Weg zum Hafen
beginnt, tauchte die Burger-Bude auf. Der Geruch von gegrilltem Fleisch
stieg mir in die Nase. Diese bog sich wie eine Wünschelrute in
Richtung dieser Bude, so dass ich keine andere Chance hatte, als dahin
zu gehen. Das waren keine gefrorenen, fertigen Burger. Nein, die wurden
dort erst fertig gemacht. Statt eine Scheibe Beef wollte ich 3. War
kein Problem, wer weiß was die Trucker so essen. Das Fleisch wurde auf
offener Flamme gegrillt, ein Traum wurde wahr, Fleisch, Fleisch,
Fleisch, .... Als ich dann auf dem Schiff ankam, kribbelten meine Füße
nicht mehr, jetzt brennen sie nur noch. |
Herzlichen Dank an Wolfgang (MdV) für deine
Story mit Bildern!
'"Grey Fox" Wolfie': Seeleute Rostock e.V.,
Januar 2017
Antarktis - Hongkong 2018
Aus der Antarktis nach Hongkong oder
Wie komme ich vom Ende der Welt wieder nach Hause?

Bis ans Ende der Welt
So, alles ist in Sack und Tüten. Die Reise bezahlt, Reiseroute steht
fest, Flugtickets ausgedruckt und der Koffer voll mit warmen Klamotten,
es geht - in die Antarktis. Der Flug geht über
Rom, Santiago de Chile nach Punta Arenas. Rom, das liegt doch
entgegengesetzt, wo ich hin will, und das sehe ich erst jetzt, mit 7,45
Std. Aufenthalt, alleine nur in Rom. Na gut, ich habe gesagt, Flüge
nicht zu teuer, was soll es. Nach 25,5 Std. landete ich schließlich
hundemüde in der Nacht in Punta Arenas (Patagonien, Chile). Ich sah
mich um, aber irgendwie schien niemand auf mich zu warten. Als es nach 1
Std. immer noch so aussah, nahm ich mir erst einmal ein Zimmer. Am nächsten
Morgen nahm ich mir dann ein Taxi und fuhr zum Schiff. Welches Schiff?
Als ich am Pier ankam, sah ich allerlei schöne Schiffe, aber keine
MAGNOLIA. Ich rieb mir die Augen, aber ich sah sie immer noch nicht. An
der Pier lagen nur 3 Passagierschiffe. Als ich ziemlich ratlos so rum
stand, kam plötzlich jemand auf mich zu und fragte mich, ob ich zu
einem Base Change gehöre. Das Wort Base kannte ich bis dahin noch
nicht. Mittlerweile stellten wir fest, ich Deutsch - er Niederländisch,
und wir verständigten uns auf Deutsch. Und das war auch gut so. Was er
jetzt sagte, zog mir die Schuhe aus.
ER: Was willst du hier? ICH: Ich will mit der MAGNOLIA in die
Antarktis. ER: Die kommt nicht, stattdessen sind wir hier, MV ORTELIUS,
ein Expeditionsschiff. Du musst wieder nach Hause fliegen. ICH: Das ist
nicht dein Ernst. Ich fliege nicht ans Ende der Welt, um gleich wieder
nach Hause zu fliegen.
Er sah wohl, dass ich kurz davor war, durchzudrehen, und nahm mich
erst einmal mit auf’s Schiff. Mittlerweile war es schon 12 Uhr, bei
uns 16 Uhr, das Schiff sollte am nächsten Tag gegen 12 Uhr auslaufen,
es muss also schnellstens etwas passieren. Es war der Chief Mate, der
mich geholt hatte, und nun kam der Kapitän. Die ORTELIUS ist ein
niederländisches Expeditionsschiff, einige aus der Crew waren Holländer,
und viele davon sprachen etwas Deutsch. Der Kapitän nahm meine Papiere
und wollte sich gleich mit Deutschland in Verbindung setzen. Seinen
Vorschlag, ich könnte als zahlender Expeditionsgast für schlappe 9.000
€ mitkommen. Das hat er wahrscheinlich selbst nicht ernst genommen.
Ich saß mit meinem Gepäck im Restaurant und wartete, wartete, wartete.
Nach 2 Std. musste ich zum Kapitän. Bevor er mir das Chaos erklärte,
sagte er, für mich ändert sich FAST nichts, ich könne bleiben, auch
ohne Zuzahlung.
Passiert war folgendes. Geplant war, dass die MAGNOLIA als Versorger
zwischen Patagonien, Südafrika und Antarktis unterwegs ist. Danach
sollte ich von Punta Arenas oder Kapstadt nach Hause fliegen. Nun
stellte sich aber raus, dass kurz vor Weihnachten 5 Bases einen fast
kompletten Crew Change wollten. Das geht natürlich mit der MAGNOLIA
nicht. Dort können maximal 6 Leute zusätzlich untergebracht werden,
und gebraucht werden Unterkünfte für ca. 45 bis 55 Leute. Also wurde
die ORTELIUS gechartert. Nun kommt das FAST, die Charterzeit beträgt
nur 16 Tage. Dann wird die ORTELIUS wieder zu einem Expeditionsschiff,
und ich muss runter. Die Mitarbeiterin in Deutschland bot mir jetzt 2
Optionen an: 1. Ich fliege nach den 16 Tagen wieder nach Hause. Oder 2.
Ich fliege von Punta Arenas nach Santiago de Chile, steige auf ein
Containerschiff auf, durch den Panama-Kanal nach Sines (Portugal) und
von dort mit dem Flieger nach Hause. Natürlich kam für mich nur Option
2 in Frage. Inzwischen war es schon 20 Uhr, und ich konnte endlich meine
Kabine beziehen, hier gibt es keine Kammern.
In der Nacht und am nächsten Vormittag kamen immer mehr Change Crews
für die 5 Bases, die wir anlaufen werden. 11:30 Uhr hieß es dann,
Leinen los. Durch die Magellanstraße und Überqueren der Drake Passage
ging es in Richtung Antarktis. Erst einmal wurde hinterfragt, wer denn
wohl der kleine, dicke, alte, weißhaarige Mann sei. Aber das war
schnell geklärt. Ich wurde sehr freundlich von ihnen aufgenommen und
bei vielen, eigentlich bei allen Aktivitäten mit einbezogen oder
eingeladen.
Am Ende der Welt
Nach 2 Tagen erreichten wir die Antarktis. Was ich dort sah,
verschlug mir schier den Atem. Riesige Eisberge, ein unwahrscheinliches
Farbenspiel. Farben, wie ich sie zwar schon im TV sah, aber noch nie in
echt. Mal herrscht eine unheilvolle Stille, dann wieder Eisgeräusche,
dass man sein eigenes Wort nicht versteht. Und dann die Pinguine. Sie
haben einen ganz besonderen Status in der Antarktis und werden extrem
geschützt. Sie dürfen weder berührt noch gefüttert werden. Es gibt
Gegenden, da dürfen pro Tag nur 3 Kreuzfahrer ankern und pro Schiff nur
60 Personen an Land gehen. Dadurch sind sie unwahrscheinlich zutraulich.
Es reicht, wenn man stehen bleibt oder sich hinkniet. Sofort kommen
einer oder mehrere auf dich zu. Sie kommen ganz dicht ran, schauen dir
direkt in die Augen, als wenn sie sagen wollen - hey, wer bist du denn,
lass dich mal anschauen. Du kniest vor einem 1,20 m großen
Kaiserpinguin, der schaut dir minutenlang ganz ruhig in die Augen.
Irgendwann dreht er sich weg und watschelt seelenruhig weiter. Das ist
der Moment, an dem ich mich mein ganzes Leben erinnern werde. Ich hatte
leichtsinnigerweise meinen Rucksack auf den Boden gestellt und mich
umgedreht. Großer Fehler. Als um mich herum alle zu lachen anfingen,
drehte ich mich um und verstand die Heiterkeit. Ein Pinguin wollte
unbedingt wissen, was denn der Typ so in seinem Rucksack hat. Mit dem
Schnabel stocherte er schon darin rum. Wie kriege ich nun meinen
Rucksack wieder, ohne gegen die Bestimmungen zu verstoßen? Wir
versuchten alle möglichen Tricks, um ihn abzulenken, damit ich mir
meinen Rucksack schnappen konnte. Es dauerte einige Zeit, aber dann
hatten wir ihn kurz abgelenkt, und ich hatte meinen Rucksack wieder. Er
drehte sich zu mir um, sah mich an, und sein Blick sagte - du alter
Spielverderber. Dann watschelte er seelenruhig weiter. Nach ein paar
Meter blieb er noch einmal stehen und sah mich an. Ein strafender Blick
und er verschwand.
Die Crews, die ausgetauscht wurden, waren in der Regel ein Jahr dort.
Umso größer war ihnen die Freude anzusehen, wieder nach Hause zu
kommen. Deshalb wurden mit den Zodiaks, die wir hatten, einige Ausflüge
an Land gemacht. Immer wurde der German Tourist dazu eingeladen. Auch
durfte ich immer mit in die jeweilige Base, die wir anliefen. Bis auf
einmal. Eine britische Base durfte ich nicht betreten. Zu Hause erfuhr
ich, dass die Base abbruchgefährdet war. Mittlerweile wurde die Base
komplett geräumt, da die Gefahr besteht, komplett ins Meer zu stürzen.
Die größte Überraschung für mich kam aber dann zum Ende der
Fahrt. Die argentinische Crew wollte, sollte es das Wetter zulassen, was
nicht allzu oft vorkommt, in Kap Hoorn stoppen und an Land gehen. Das hätte
für mich eine ganz besondere Bedeutung. Mein Opa hat als
Schiffszimmermann 4-mal Kap Hoorn auf Rahseglern umrundet. Das hatte ich
beim Essen mal erzählt. Deshalb wurde mir ein sicherer Platz im Zodiac
versprochen. Auf dem Weg dahin sah es nicht gut aus, viel Wind und hohe
Wellen. Aber als wir dann ankamen, hatte sich das Wetter beruhigt, und
wir konnten an Land gehen. Gott sei Dank lag nur noch ein kleiner
Kreuzfahrer, das Hurtigrutenschiff MS MIDNATSOL, vor Anker. Die anderen
sind wohl wegen des schlechten Wetters gleich vorbei gefahren. Auch von
der MIDNATSOL wollten nur wenige die steile Holztreppe der Insel
erklimmen. Einen anderen Zugang gibt es nicht. Es war für mich
bewegend, am Albatros-Denkmal zu stehen, auf die See zu schauen, in die
Richtung, wo mein Opa das Kap umrundet hatte.
Manche werden sich über meine Schreibweise - Kap Hoorn - wundern.
Das ist (lt. Wikepedia) die deutsche Schreibweise, Kap Hoorn oder Kap
Horn, spanisch Cabo de Hornos, englisch Cape Horn, dänisch Kap Horn,
niederländisch Kaap Hoorn. Viele Namen für einen Ort.
Auf einmal kam Hektik auf, bei uns und bei den Guides der MIDNATSOL.
Sie sammelten im Schweinsgalopp ihre Schäfchen ein. Das Wetter
verschlechterte sich urplötzlich, was hier ganz schnell gehen kann.
Auch wir bekamen den Befehl - sofort zurück aufs Schiff!
Und wie wieder nach Hause?
Auf der ORTELIUS angekommen sollte ich sofort zum Kapitän kommen.
SOFORT - bei diesem Wort läuteten bei mir schon wieder alle
Alarmglocken. Und das zu Recht, wie ich dann feststellen musste. Der
Kapitän hatte neue Anweisungen für mich bekommen. Wir fuhren nicht wie
geplant nach Punta Arenas, nein, jetzt ging es nach Ushuaia
(Argentinien). Damit war der Plan Flug, Schiff, Panama Kanal, Portugal
hinfällig. Aber Deutschland hatte wieder einen Plan B für mich. Jetzt
sollte ich nach Panama City fliegen. Dort auf ein anderes Container
Schiff aufsteigen, Panama-Kanal, Ostküste USA und über England nach
Bremerhaven. Na, das klang doch super. Mein US-Visum war gültig bis
2025, die Welt war wieder in Ordnung. Ab in die Kabine und packen.
Abends ging es im Bar-Raum hoch her, wo sich die meisten abends trafen,
um Abschied zu feiern. Es herrschte Abschiedsstimmung. Am nächsten Tag
zum letzten Mal Frühstück, Mittag und Kaffeetrinken. Gegen 18 Uhr
sollten wir in Ushuaia (Argentinien) festmachen. Auf einmal sollte ich
wieder zum Alten. Mir wurde sofort wieder schlecht. Und wie ich Recht
hatte. Ich musste erfahren, dass das neue Schiff plötzlich keinen
Passagier mehr mitnehmen wollte. Und wieder hatte ich ein Problem. Und
wieder wurde nach einem neuen Plan B gesucht. Durch den Beagle-Kanal
ging es weiter in Richtung Ushuaia, und einen neuen Plan B gab es immer
noch nicht. Dann, Ushuaia kam schon in Sicht, rief mich ….. nein,
nicht der Kapitän, der hatte auf der Brücke zu tun, sondern einer der
Guides mit einer guten Nachricht für mich. Es gab einen neuen Plan B.
Der sah wie folgt aus. Von Ushuaia mit dem Flieger nach Colon (Panama
Kanal), dort auf die SOUTHERN MOANA aufsteigen, durch den Panama-Kanal,
durch die Südsee, Neuseeland, Australien nach Hongkong. Sieht gut aus,
aber nach den bisherigen Erfahrungen mit Plan B, war ich seeehr
skeptisch.
Nachdem wir 9 Uhr morgens in Ushuaia festgemacht hatten, habe ich
mich von allen sehr herzlich verabschiedet. Es wartete schon ein Taxi
auf mich, um mich zum Flughafen zu bringen.
Das hatte der Kapitän organisiert. Als ich von Bord ging, half mir
der Chief Mate himself, er trug meinen Koffer bis zum Taxi. Er dachte
sich wohl: "Sicher ist sicher, ich will selber sehen, dass der Typ
wirklich ins Taxi steigt." Und der Typ stieg wirklich ein.
Der Taxifahrer bot mir für einen Festpreis noch eine Stadtrundfahrt
an. Da ich gut in der Zeit lag, nahm ich gerne an. Er fuhr mich nun
kreuz und quer durch die Stadt. Sein Englisch war noch schlechter als
meins, mein Spanisch war gleich null, und so habe ich kaum verstanden,
was er mir erklärte. Er gab sich viel Mühe, und ich wollte ihn nicht
enttäuschen. Also machte ich ein schlaues Gesicht, was ich besonders
gut kann, und tat so, als ob ich alles verstehen würde. Nachmittags kam
ich dann am Flughafen an. Ich gab ihm ein schönes Trinkgeld, das hatte
er sich verdient. Pünktlich startete das Flugzeug dann in Richtung
Colon, wo es nach 13 Std. Flug sicher landete.
Epilog mit Prolog
Aus meinem geplanten 6-Wochen-Törn wurde eine zweigeteilte Reise.
Der erste Teil, die Antarktis am Ende der Welt, und der zweite Teil ging
in die Südsee, klimatisch das ganze Gegenteil. Sommersachen hatte ich
nur die, die ich in der Kammer und im Schiff tragen wollte. Schließlich
sollte es ja nur in die Antarktis gehen.
Die Antarktis hat sich tief in meinem Inneren eingebrannt. Die
Zerbrechlichkeit der Natur, die verschiedensten Farben des Eises und der
Eisberge, die unbekümmerte Tierwelt, der schnelle Wechsel des Wetters.
Ich hätte Lust, Sea Sheppard beizutreten, um den japanischen Walfängern,
die trotz Verbots weiter im Antarktik Wale jagen, den Arsch heiß zu
machen.
Ich war beeindruckt von der Herzlich- und der Selbstverständlichkeit,
mit der mich die Crew der ORTELIUS und die Base-Mitarbeiter aufgenommen
hatten. Ich hatte nie das Gefühl, ein Außenstehender bzw. nicht
dazugehörig zu sein, ganz im Gegenteil. Die Base Crews haben mich in
alle ihre Aktivitäten einbezogen. Ich fühlte mich integriert und habe
dadurch sehr viel gesehen. Mehr als ein "richtiger"
Expeditionsreisender, der für so eine Reise locker 10.000 € und mehr
hätte hinblättern müssen. Ich habe mich dafür revanchiert, indem ich
an verschiedenen Abenden Filme meiner anderen Reisen oder Filme aus
unserer Seefahrt zeigte, auch von unseren Typ-IV-Jahrestreffen. Ich war
erstaunt, wie voll der Clubraum war, wenn ich die Filme zeigte. Ich
hatte ja, obwohl ich nichts dafür konnte, für einen ziemlichen Wirbel
an Bord gesorgt. Mit diesen positiven Eindrücken möchte ich das
Kapitel Antarktis beenden.
Wie ihr es euch aber denken könnt, ging es im 2. Teil auch nicht
ohne Probleme:
- In Neuseeland besuchte ich die originalen Kulissen aus "Herr
der Ringe" und "Der Hobbit", ein Maori-Museumsdorf
sowie eine Maori-Mädchenschule, die Folklore-Lieder vorführten.
- Australien fiel plötzlich weg, also komme ich nie mehr nach
Australien.
- Stattdessen kam Papua Neuguinea dazu, wo ich einen ganzen Tag in
einem Papua-Dorf verbrachte und ein Sing-Sing verschiedener Stämme
sah.
- Auf Höhe Jakarta erklärte mir der Second, ich müsse sofort
packen und in Jakarta absteigen, das Schiff fährt nicht nach
Hongkong. Nach 3 Std., ich war mit dem Packen fast fertig, kam er mit
einem strahlenden Gesicht wieder - wir fahren doch nach Hongkong.
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Herzlichen Dank an Wolfgang (MdV)
für deine Story mit Bildern!
"Antarktis - Hongkong 2018": Seeleute
Rostock e.V., April 2019
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21.07.2019 |
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