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www.seeleute-rostock.de/content/sailorscab/reports/04-dsr-cuba/bericht04.htm |
| SlR.sb04 [S3.F4] |
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Zement für Orangen
Bananen aus Kuba, nie importiert
Erinnerungen zur Dokumentation
"Zement gegen Südfrüchte" im Fernsehen
Kpt. Norbert Schmidt
Im April 1985 sollte die THEODOR STORM (vgl. Reefer - 1966) in
Cienfuegos eine Testladung Bananen für die DDR übernehmen. Da die
Voraussetzung für einen Weitertransport in die DDR in keinster Weise
gegeben waren, lehnte ich die Übernahme der im Freien gelagerten und
teilweise schon überreifen Bananen ab. Das gab natürlich eine Menge
Ärger mit dem kubanischen Vertreter von CUBAFRUTAS, dem DSR-Repräsentanten
auf Kuba, der Agentur MAMBISAS, der DSR-Chefetage in Rostock und
irgendwelchen "Regierungsexperten" aus Havanna. Wir lagen
deshalb mehrere Tage nutzlos im Hafen von Cienfuegos, direkt vor den
unter einem Dach schön säuberlich gestapelten Bananenkisten, deren
Inhalt weiter vor sich hin reifte.
Soviel ich weiß, hat man später von Bananentransporten aus Kuba
Abstand genommen, da eine ganze Reihe kostenintensiver Bauten notwendig
gewesen wären (Feldbahnen, Wasch- und Packstationen mit
Desinfizierungsduschen, Kühlhäuser etc.), um die Produktion,
Verpackung und den Kühl-Transport nach Europa effektiv zu gestalten.
Auf Kuba arbeitete damals ein bekannter Botaniker der
Martin-Luther-Universität mehrere Jahre lang. Auf seinen Arbeiten
aufbauend, sollte Kuba Lieferant von Nahrungsmitteln für die DDR
werden. So wurden die Zitrusplantagen reorganisiert, Anfänge des
Anbaus von Frühkartoffeln für die DDR gemacht und eben der Versuch
gestartet, kubanische Bananen zu exportieren.
Dieser Doktor der biologischen Wissenschaften hatte in der DDR eine
Broschüre zum Transport von Südfrüchten veröffentlicht, die nur
sehr schwer erhältlich war. Ich selbst habe auch nie ein Exemplar
dieser Veröffentlichung bekommen können. Aber die darin enthaltene
Tabelle der Reifestadien von Bananen war bei mir noch irgendwo
versteckt, zumindest in schwarz-weiß.
Für die Zitrusplantagen lieferte die DDR jährlich flüssige
Chemikalien von etwa 200 t, die extra hergestellt wurden, um die
sogenannte "ROSTBILDUNG" auf den Kuba-Orangen zu bekämpfen.
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Fotos von Kpt. Norbert Schmidt |
ZEMENT
Kpt. Norbert Schmidt
Dicht bei NUEVITAS gibt es ein funktionierendes Zementwerk, das mit
DDR-Hilfe (Geldanleihe und FDJ-Brigaden, auch mit etwas älteren
"Jugendlichen" besetzt) aufgebaut wurde. Es war für mich
interessant, was in der Fernsehsendung zu diesem Thema gesagt wurde und
zu erfahren, wer Zement nach Kuba gebracht hatte. Die Altstadt Havannas
hat davon sicherlich nicht profitiert.
Ich bin auch einmal ein Fernseh-Held im Kubanischen Fernsehen gewesen.
Auf der FRITZ REUTER -2- (vgl. Reefer - 1973) ließ
mich freundlich lächelnd der Kapitän im Regen stehen und verschwand
von Bord, als wir im Fischereihafen Havannas unsere Ladung mit
Kuba-Orangen komplettierten und dabei eine großangelegte SOLIDARITÄTS-SCHICHT
oder ein SOZIALISTISCHER ARBEITSEINSATZ zu Ehren des kubanischen Volkes
eines Sonntags zelebriert wurde. Wer unter den "Arbeitern"
war, wurde mir nicht gesagt. Diese Leute hatten aber sonst bestimmt
nicht mit ihrer Hände Arbeit das Familienbrot verdient. Sie kamen
direkt in die Luken des Schiffes, hatten keinen wirklichen Kontakt zur
Besatzung und verschwanden nach der etwas stark verkürzten
Sonderschicht sehr schnell wieder von Bord der FRITZ REUTER -2-.
Jedenfalls durfte ich mich dann im abendlichen revolutionären
Fernsehprogramm bewundern, wie ich Rede und Antwort stehen musste. Auch
da wurde mir nicht so richtig klar, welche netten Leute auf dem Schiff
gewesen waren. Die Kubaner hatten sie sicherlich besser erkannt. Für
einen Tag war ich dann noch bei den Hafenarbeitern der Star und wurde
zu Schichtbeginn am Montag von vielen mit freundlichem Handschlag begrüßt,
was aber schnell im täglichen Auf und Ab unterging.
Eine Aufzeichnung der Sendung, wie es mir versprochen wurde, habe ich
aber nie bekommen. Es wäre möglich, dass die DSR damals eine Kopie
erhielt. Die Vertretung der DSR in Havanna hatte bekanntlich gute
Kontakte zu allen kubanischen Medien und vielen anderen Institutionen
Kubas.
Kurz zuvor hatte die FRITZ REUTER -2- eine Nachvermessung des
Fahrwassers von und nach NUEVA GERONA auf der ISLA de la JUVENTUD
durchgeführt. Die von mir verfasste Segelanweisung ist damals ohne
Nennung der nautischen Bearbeiter sehr schnell in die Kapitänsanweisungen
des KSH eingegangen und in dem INFORMATIONSSYSTEM FLOTTE veröffentlicht
worden. Na ja, Orden und Bomben treffen immer die Falschen. In diesem
Fall ernteten die Lorbeeren einmal mehr nicht die aktiven Seeleute.
Etwas Gutes hatte die Aktion später doch noch, ich wurde in Nueva
Gerona danach stets gut aufgenommen und konnte immer wieder Erlaubnisse
für Tages-Bootsfahrten erhalten. Alle anderen Schiffe konnten sie
nicht mehr erlangen, weil verirrte sowjetische Seeleute nachts in der
Bucht von Nueva Gerona Signalraketen abfeuerten und damit den
sogenannten "Heimatalarm" von Kubas Milizen ausgelöst
hatten.
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Unsere Abbildungen zur Sendung

MS "Völkerfreundschaft"
nach Kuba | Fidel Castro an Bord, Sportlerreise 1972
DSR-Ansichtskarte und Foto von Astrid Mischke via
dsr-seefahrt.cybersbase.de


Blick auf die Altstadt von Havanna von Bord der
einlaufenden "Georg
Büchner"
Mehr Fotos von ABa unter www.cybersbase.de/seefahrt/

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Herzlichen Dank an Kpt. Norbert Schmidt für
seine Erinnerungen!
Fotos: |
Oben genannt |
Fotoshow: |
Mittels der
Applikation Shadowbox, © 2007-2010 M.J.I. Jackson |
Bearbeiter: |
Andreas ABa
Basedow, Hamburg, 13.5.2010 |
"Zement für Orangen": Seeleute Rostock
e.V., Mai 2010
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03.01.2015 |
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