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../midi/2016/slr-jt2016-sb1-img002.jpgNach knapp drei Stunden Barkassenfahrt

Besuch der Viermastbark "Passat"

Maritimer Schatz der Lübecker

von Stephan Bohnsack

Unser alljährlicher, traditioneller Ausflug führte 2016 zu einer maritim-historischen Besonderheit, zur stählernen Viermastbark "Passat" - das ist eine "alte Lady", die jetzt in Lübeck-Travemünde Gäste empfängt. Diese Reise war von unseren bisherigen Exkursionen diejenige, die die Herzen von uns einstigen Seeleute höher schlagen ließ, denn die Planken und der Geruch nach Salz und Meer erweckten Geschichten, die jeder von seiner Seezeit erzählen konnte.

../midi/2016/slr-jt2016-sb2-img004.jpg1978 wurde der Frachtsegler als Zeugnis für die deutsche Seefahrtsgeschichte unter Denkmalschutz gestellt, denn das Schiff wird hier nicht nur wegen seines Nutzens geliebt - auf ihm trotzten Seeleute auf Leben und Tod den Naturgewalten. Grund genug für einen Besuch in Lübeck-Travemünde. Als außerordentliches maritimes Denkmal erhielt die "Passat" von den Stadtvätern direkt am Priwall, gut sichtbar und erreichbar für jedermann, ihren Liegeplatz.

Die Lübecker Bürgerschaft scheint übrigens mehr auf maritim-kaufmännische, eben hanseatische Traditionen zu setzen als die Rostocker, wo Bedenkenträger es immer wieder schaffen, maritime Projekte zu stoppen oder auf Jahrzehnte zu verzögern, obwohl das Interesse an Schiffen und Seefahrt in Rostock unbestritten ist. Aber dafür gibt es an der Warnow leider keine Lobby.

../midi/2016/slr-jt2016-sb3-img006.jpgWir konnten jedenfalls Lübecker Engagement direkt erleben und sehen, was unternommen wird, um den Liegeplatz für das Windjammer-Denkmal aufzuwerten, welches in Lübeck als maritimer Schatz gesehen wird. In unmittelbar in Nähe des Frachtseglers "Passat" entsteht eine touristische Ferienanlage für Gäste aus aller Welt mit allem drum und dran, was heutzutage so dazu gehört. Selbst die Hafenpromenade erhält ein neues Gesicht, mit passendem Erlebnischarakter. Anfragen von Reisebüros soll es bereits schon eine ganze Menge geben.

Als Rostocker kamen wir aus dem Staunen nicht heraus, denn im Gegensatz zu Lübeck kämpfen Vereine in Rostock um Aufwertung des Rostocker Stadthafens, für die Einrichtung einer maritimen Erlebnismeile, aber jahrelang immer nur mit ungünstigem Wind aus dem Rathaus ...

../midi/2016/slr-jt2016-sb4-img008.jpgDie echt urige Lübecker Barkasse "Adolf Stühff" brachte uns in ca. dreistündiger Fahrt und auf direktem Weg zur "alten Lady", die am 2. März 1911 bei Blohm & Voss in Hamburg auf Kiel gelegt wurde, um schon am 20. September 1911 als Frachtsegler für die Laeisz-Reederei vom Stapel zu laufen. Die Taufpatin, Gertrud Grau, benannte das Schiff nach den Passatwinden - "Passat".

../midi/2016/slr-jt2016-sb5-img010.jpgBeim Rundgang an Bord, den Kapitän a.D. Rüdiger Käkenmeister führte, kamen viele Fragen auf zum Schiff, zu aktuellen Kosten, zu den Übernachtungsmöglich- keiten an Bord, zu den Reisen des Schiffes und natürlich auch zu den legendären, vier Tonnen schweren Ankern. Womit verbunden war die einstige Arbeit am Ankerspill, das 15 Mal gedreht werden musste, um die Kette samt Anker nur einen Meter aus dem Wasser heben zu können.

Anfang des 20. Jahrhunderts war zwar der Höhepunkt für Frachtsegler schon überschritten, aber doch blieben die Segler immer noch wirtschaftlicher als ihre rußenden Konkurrenten. Der Raum für große, teure Maschinen wurde nicht gebraucht und konnte für Nutzlast eingesetzt werden. Lohngelder für Maschinenpersonal mussten nicht gezahlt werden.

Die Viermastbark "Passat" ist ein solides, stählernes Schiff, mit stählernen Planken, Masten und Rahen aus Stahlrohren. Der Großmast ragt 56 Meter in den Himmel. Wanten und Stage sind stahlgeflochten und mit Spannschrauben steifgesetzt. Vieles wussten wir zwar schon, aber wir lernten einiges mehr über den Windjammer und seine Schwesternschiffe. Fuhren wir doch alle auf Motorschiffen der einstigen DSR.

Der Weg zurück führte dann durch die Innenstadt des altehrwürdigen Lübeck. Die Stadt ist zwar 73 Jahre älter als Rostock, aber man merkt es nicht, denn sie hat sich einen frischen, jugendlichen Charme erhalten können. Vorbei an den Backsteinbauten, großen Kirchen, Patrizierhäusern und auch vorbei an Niedereggers Marzipansalon mit einem Abstecher zu den Kartoffeltagen auf dem Markt erkundeten wir diese herrliche Hansestadt bis hin zur Schiffergesellschaft, nordöstlich des weltberühmten Buddenbrookhauses gelegen.

Weltberühmt oder nicht, zum Abschluss wartete in diesem Schifferhaus aus dem Jahr 1535 ein heimatlich deftiges Abendessen auf uns, und so etwas hält bekanntlich Leib und Seele zusammen - mehr als nur das Bewundern von Sehenswürdigkeiten.


Fotos: Stephan Bohnsack, Rostock, MdV
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"Jahrestagung 2016": Seeleute Rostock e.V. 2016
   
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  08.03.2020  
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